Die Empörungsfalle – Teil 1

Vor zwei Tagen habe ich mit vielen anderen Christen auf Social Media empört einen Teil der völlig entgleisten olympischen Eröffnungsfeier geteilt, nämlich die Szene wo Drag Queens mit einem Kind augenscheinlich die Szene aus Da Vincis berühmten Abendmahlgemälde nachstellten. Christen auf der ganzen Welt riefen zum Boykott der Spiele auf.

Am Tag darauf lese ich im Internet, dass die nachgestellte Szene gar nicht (zumindest nicht in erster Linie…) auf das letzte Abendmahl Bezug nahm, sondern auf ein ganz anderes Gemälde mit griechischen Göttern. Hier fand sich dann auch die direkte Verbindung zu Olympia. Natürlich empfinde ich diese Darbietung nachwievor geschmacklos und eine Beleidigung für jeden Menschen, der sich mit christlich-konservativen Werten verbunden fühlt. Und natürlich gab es regelrecht satanische Szenen, die man kaum ansehen kann. Aber der ursprüngliche Aufreger – nämlich eine direkte Verhöhnung des Abendmahls scheint es nicht gegeben zu haben. Wie gesagt – zumindest nicht in erster Linie. Dass christliche Werte durch das linksliberale Weltbild und den woken Zeitgeist mit Füßen getreten werden, ist ja aber leider nichts Neues.

Mich hat es nicht losgelassen, wie schnell ich (wieder einmal) auf den Empörungszug aufgesprungen bin. Wie stark ich mich auch offline aufgeregt habe, mit meinem Mann darüber geredet habe, meinen Kindern alles erklärt habe – im Nachhinein viel Aufregung um nichts. Das passiert mir in den letzten Jahren immer häufiger. Genauer gesagt nehme ich diese Entwicklung bei mir persönlich (und ich lade dich ein, dich auch selbst dahingehend zu beobachten und zu prüfen) seit 2020. Seit Beginn der Pandemie. Als plötzlich die Instagram Faktenchecker am Start waren, als plötzlich im Internet spürbar zensiert wurde und ich vermehrt versucht habe mich unabhängig zu informieren und mir eine eigene Meinung zu bilden. Das ist im Strudel von Social Media nicht einfach und die Empörungsfalle lauert überall zwischen Werbung und lustigen Katzenreels.

Schnell swipen wir von einer Story zur nächsten und wenn man ein bisschen was von der Welt mitbekommen will und nicht nur Wohlfühlaccounts folgt, empört man sich regelmäßig auf Social Media. Man empört sich nicht nur, man hat auch zu allem eine gefestigte Meinung (wiederum durch Social Media gebildet), die man natürlich nicht für sich behalten will. Seit 2020 geht es nicht nur mir so: Es kribbelt einen in den Fingerspitzen, man will seiner Empörung Luft machen! Und so entsteht ein Wirbelsturm von Meinungen, Überzeugungen, Vorurteilen, entrüsteter Empörung, der in unseren Herzen eine Schneise der Verwüstung hinterlässt. Leider auch unter Christen.

Denn sind wir mal ehrlich: Wem hilft unsere Empörung? Hilft sie dir? Hilft sie der Welt? Ist Empörung im Reich Gottes nützlich? Werden durch unsere Empörung Beziehungen gebaut und Brücken geschlagen? Zieht mich meine Empörung in Gottes Wort und näher an sein Herz?

Der Zeitgeist verspottet den christlichen Glauben ständig. Und wenn ich meine Bibel lese, dann ist mir klar, dass das nicht weniger wird, sondern sich intensivieren wird. Wir sind als Christen non-stop herausgefordert (vor allem wenn wir Social Media regelmäßig nutzen) unser Herz und unsere Intention zu prüfen. Empörung ist da eher hinderlich.  Denn wenn ich immer nur meinen Kopf vor so viel Ungerechtigkeit schüttele, den ein oder anderen Kommentar hinterlasse, vor mich hin schimpfe und mein Herz mit dieser Wut permanent fülle, brenne ich über kurz oder lang aus. Wir sind einfach nicht für so viel Empörung geschaffen. Das hält unsere Seele nicht aus.

Ich kann mich daran erinnern, dass mein Mann und ich in den Zeiten vor Social Media irgendwann auf die 15 Minuten Tagesschau täglich verzichtet haben, weil uns die Berichterstattung zu sehr belastet hat. Heute wird der normale Internetnutzer jeden Tag mehrere Stunden mit negativen Nachrichten bombardiert. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

Jesus hat gesagt: „Euer Herz erschrecke nicht.“ (Joh. 14) Und: „Habt keine Angst.“ (Matth. 28,20) Er hat nie gesagt: Empört euch reichlich. Ich würde sagen: Empörung ist in vielleicht den meisten Fällen genau das Gegenteil von nicht-erschrecken und furchtlos sein. Unsere oft hilflose Empörung zeigt eben, dass wir erschrocken und/oder voller Angst sind.

Folgende Definition von Empörung habe ich im Internet gefunden: Von starken Emotionen begleitete Entrüstung als Reaktion auf Verstöße gegen moralische Konventionen.

Empörung wühlt uns innerlich auf, treibt unseren Puls nach oben, lässt uns irrational werden und lässt uns meistens frustriert, verägert und verbittert zurück. Weil Empörung selten etwas verändert. Weil Empörung am Ende des Tages oft nichts anderes ist als das Aufplustern in eine moralische Überlegenheit. Empörung ist ganz oft verschwendete Energie. Als Jesus über die Händler im Tempel empört war, machte er aus Stricken eine Peitsche und trieb die Händler aus dem Tempel (Joh. 2,15). Seiner Empörung folgte eine sehr intensive Handlung, die seinen Emotionen und seiner Berufung gerecht wurde. Wann hast du das letzte Mal deiner Empörung Taten folgen lassen? Wann war das letzte Mal deine Empörung im Einklang mit dem Ruf Gottes auf deinem Leben?

Frage dich mal: Wenn du dich empörst, was macht das mit dir? Wie fühlst du dich danach? Was passiert eigentlich mit all diesen intensiven Emotionen, die du während deiner Empörung empfindest? Verpuffen die? Oder setzen sie sich in deinem Herzen fest? Treibt dich deine Empörung eigentlich in ein Handeln oder ins Gebet? Oder eher ins Richten, in die Angst und Hoffnungslosigkeit?

Die Bibel rät uns, dass wir mehr als alles andere unser Herz bewahren müssen. (Sprüche 4,23). Empörung entsteht tief in unserem Herzen und anstatt, dass unsere Empörung die Welt zum Besseren verändert, wird in uns etwas kaputt gemacht. Wir werden mehr und mehr angreifbar und können immer leichter provoziert werden. Das ist eine gefährliche Entwicklung und spielt dem Feind in die Hände, der in der Endzeit die Herzen der Heiligen „aufreiben“ will (Daniel 7,25 – Schlachter). Im Englischen steht hier: Die Heiligen ermüden.

Permanente Empörung, die ins nichts läuft, ermüdet dich. Sie reibt dich auf. Sie nimmt dir den Glauben, dass Gott alles in der Hand hält und als Richter Gerechtigkeit sprechen wird.

Was also tun? Abschotten? Die Instagram App löschen? Weltfremd werden? So tun, als würde die Welt um uns herum sich nicht selbst zugrunde richten? Alles auf sich sitzen lassen? Tolerant werden?

Wie können wir Christen sein, die nicht in jede Empörungsfalle treten und die unseren Feinden nicht den Gefallen tun, sich ständig provozieren zu lassen, sondern die innerlich fokussiert und gelassen Reich Gottes bauen und dabei voller FREUDE das Kommen unseres Herrn Jesus Christus erwarten?

Dazu werde ich einen zweiten Teil dieser Mini Blogserie mit einigen praktischen Tipps schreiben.

Lass mich bis dahin gerne wissen, inwiefern du Empörung bei dir und anderen erlebst. Hast du auch das Gefühl, dass diese „Empörungskultur“ rasant zugenommen hat? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

 

 

12 Kommentare zu „Die Empörungsfalle – Teil 1“

  1. Ist es überhaupt unsere Aufgabe, zwischen richtig und falsch, gut und böse zu (ver)urteilen?

    Ich glaube nicht, dass Christen von Jesus dazu aufgerufen sind mit einem „Dagegen“-Schild (ihr kennt die Maus von Uli Stein?) – so kommt mir aber der Habitus mancher Christen derzeit vor. Eine endlose Liste von Beispielen aus lokaler und weltumspannender Politik und Religion könnte jetzt hier kommen.

    Wie hat Jesus das hinbekommen? Wenn ich ihn genau beobachte, dann hat er etwas gemacht, das gleichzeitig den Menschen, denen er begegnet ist eine so unendliche Liebe entgegen gebracht hat – und auf der anderen Seite hat er zerstörerische Lebensstile aufgezeigt und gesagt: Mach es anders!
    Dieses „mach es anders“ zu dem hat er jedoch erst ermöglicht durch seine Liebe.

    Mit einem „Dagegen“-Schild kommt erst das „mach es anders“ und die Liebe wird an Jesus delegiert, anstatt dass ich an seiner statt Liebe zeige.
    Und genau das funktioniert nicht! Und das ist auch nicht das, zu was Jesus mich herausgefordert hat!

    Ich finde, wenn mir etwas quer runter geht, dann ist meine(!) Verantwortung, bei mir zu schauen weshalb mich etwas so triggert – und nicht bei jemand anderem.

    1. Hallo Tom! Ich finde deine Gedanken total spannend. Wenn man gegen etwas, muss man ja auch für etwas sein. Also Lösungsansätze mitbringen! Ein gutes Beispiel ist, denke ich, das Thema Abtreibung (was ja auch viele Christen stark empört – zurecht!). Doch wenn ich nur „gegen Abtreibung“ wettere und das Leid der Frauen, die finanziellen Nöte usw nicht wahrnehme ist die Empörung wirklich nur unnützer Lärm. Ich mag es sehr, wie Paulus es beschreibt: Wenn wir die Liebe nicht haben, ist all unser Tun und Reden nutzlos. (1. Kor. 13) Ich glaube, dass wir Christen schon herausgefordert sind uns zu positionieren und auch richtig von falsch aufgrund von Gottes Wort zu unterscheiden – aber eben immer in Demut und mit Liebe. Und du hast Recht: Wenn wir mit einem Finger auf andere zeigen, zeigen 3 auf uns zurück. Danke für deine Gedanken! Herzliche Grüße, Inka

      1. Am Sonntag in der Predigt fiel ein kleiner Satz, den ich sehr bedeutsam finde:
        Wenn ich über den Fahrstil des Autofahrer vor mir schimpfe, wie ehrlich kann ich dann sagen: Ich schimpfe nur über seinen Fahrstil, den Fahrer liebe ich!
        Liebe Grüße

  2. n sehr guter Artikel. Er zeigt genau das auf, was die sozialen Medien verursachen.
    Ich habe ehrlich gesagt direkt gezweifelt denn das Bild hat erstmal keinen Vergleich zum bekannten abendmahlbild von Leonardo da Vinci. – für mich-. Trotzdem natürlich eine klare queere Aussage.

    Warum Empörung? Warum fühlen wir uns als Christen so schnell angegriffen? Was hätte Jesus getan?
    Da kommt das Bild einer anderen Social Media Nutzerin gerade richtig. Es zeigt Jesus wie er einen eindeutig queeren Menschen in den Arm nimmt mit den Worten „auch für dich habe ich mein Blut vergossen“.

    Das ist stark. Schaffen wir es diese Menschen,die augenscheinlich ein großes Identitätsproblem haben, in den Himmel zu lieben? Dem Feind in Autorität seine Grenzen aufzeigen?

    Ich habe einige Transgender Menschen in meinem Umfeld. Sie alle haben heftige Geschichten in ihrem Leben erlebt. Auch einige Homosexuelle haben schlimmes erlebt. Ist es nicht schöner wenigstens ehrlich für sie zu beten und dann ggf. Noch weiter zu gehen und mit ihnen zu beten? Einige meiner Geschwister waren in Köln auf dem CSD und haben so viel wunderbares erlebt.

    Mit Empörung nehmen wir uns die Chance für Gottes Reich zu kämpfen. Mit Liebe gewinnen wir Jünger.

    Einen herzlichen Gruß aus Barcelona
    Elke

  3. Liebe Inka, danke für diese klare Erörterung und Erläuterung der allgegenwertigen Negativität, die täglich neu keimfähigen Boden sucht.
    Die von dir beschriebene Massen-Empörung hat mich nicht erreicht, weil ich versuche mich zu konditionieren und die emotionsgeladenen Berichterstattungen meide. So wie du es beschreibst, bin auch ich seit der Pandemie sensibler gegenüber Nachrichtenmeldungen und öffentlichen Meinungen geworden. Es ist im Letzten die Unfähigkeit zwischen wahr oder falsch / gut oder böse zu filtern, viel zu oft bemerkte ich wie Medien zu tief in meinem Inneren Unfrieden stiften und einen vergifteten Samen hinterlassen, der, wenn ich nicht aktiv werde, anfängt zu keimen, sich dann schnell invasiv ausbreitet und die guten Samen am Wachsen hintern. Die größtmögliche Vermeidung mag weltfremd oder naiv sein, aber sie schützt mich am effektivsten vor Übergriffen und Beeinflussung, denn ich muss nicht „Alles“ wissen was in der Welt los ist, noch weniger hilft mir die meist einseitig negative (Be-)Wertung der Ereignisse, die nur Empörung hervorbringen. Meine Variante ist also eine Art Abschotten, einfach weil ich mein Vertrauen auf Gott bewahren möchte und die feste Hoffnung und den Glauben habe, dass alles Wichtige mich erreichen wird und damit einhergehend auch eine Kraft und Idee dem entgegen zu treten.

  4. Hallo Inka, ich finde deinen Beitrag sehr gut und passend beschrieben. Dennoch habe ich eine Frage: was hältst du von den Ausführungen von Johannes Hartl zu diesem Thema? Er hat ein YouTube Video hierzu hochgeladen, indem er seine Sicht auf die Dinge in Paris beschreibt, warum es sehr wohl einen Bezug zur Christenheit gibt und wie wir Christen darauf reagieren sollten. Mich würde deine Meinung dazu interessieren. Vielleicht beschreibst du dies auch noch in deinem zweiten Teil. Viele Grüße

    1. Liebe Jessica, danke für deinen Kommentar. Das YouTube Video von Johannes Hartl habe ich mir nicht angesehen – aber einiges auf Instagram von ihm zu dem Thema gelesen. Ich denke auch, dass die ganze Aktion ein Angriff auf christliche Werte war und dass es auch wichtig ist, sich zu positionieren. Weil es aber aktuell (und in Zukunft sicherlich noch mehr) überall ähnliche Angriffe gibt, muss jeder Christ für sich immer wieder aufs Neue prüfen, ob es in der speziellen Situation dran ist, sich zu empören. Und wenn der Heilige Geist das highlighted, dann am besten nur „zielgerichtet empören“. Also beispielsweise ins Gebet gehen, Austausch mit anderen etc. Dazu werde ich im zweiten Teil noch mehr schreiben! Herzliche Grüße, Inka

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