Stell dir vor: Gott ruft dich. Er legt es dir aufs Herz, eine Entscheidung zu treffen, die weitreichende Folgen für dich und deine Kinder hat. Stell dir vor, er ruft dich in eine Zeit der Ruhe, wenn es doch so viel zu tun gibt. Stell dir vor, er fordert dich heraus alles hinter dir zu lassen und ihm nachzufolgen, obwohl du nicht alle Antworten hast.
Klingt herausfordernd, oder?
Genau da standen mein Mann und ich die vergangenen Monate. Gott hat uns in ein Sabbatical gerufen. Ein Jahr der Ruhe, ein Jahr voller Fokus auf ihn, ein Jahr mit unserer Familie im Mittelpunkt. Ein Jahr, nach dem wir uns gesehnt haben und nicht wussten, dass wir es tatsächlich erleben würden. Ein Jahr, das seinen Preis hat.
Wer uns kennt, der weiß, dass wir das Abenteuer mit Jesus lieben. Wir genießen es, ‚all in‘ zu sein, nichts zurück zu halten, auf dem Wasser zu gehen, uns mit allem, was wir sind und haben voller Vertrauen an Jesus zu hängen. Wir haben aufgrund dieser Lebenseinstellung schon die wunderbarsten Gebetserhörungen erlebt und sind von Gott reich beschenkt worden. Er lässt seine Kinder nie im Stich. Gleichzeitig mussten wir auch die Momente ‚vorher‘ aushalten, im Nebel, wenn alles auf der Kippe stand, wenn wir dasselbe Gebet wieder und wieder Gott ans Herz legten und sich scheinbar nichts bewegte. Wir lernten in diesen ‚Zwischendrin‘ Momenten, was Glaube ist. Wie es sich anfühlt, ‚festzustehen in dem was man hofft und überzeugt zu sein von Dingen, die man nicht sieht.‘ (Hebräer 11,1). Wie lächerlich das von außen oft aussieht. Wie naiv. Wie dumm. Und trotzdem haben wir genau in diesen dunklen Momenten gelernt voller erwartungsfroher Hoffnung zu sein – denn Gott hat sich uns als Vater offenbart, der uns die Wünsche unseres Herzens gibt.
Und so hat es uns fast nicht gewundert, als wir Anfang des Jahres dieses Ziehen im Herzen verspürt haben, dieses sanfte, unaufdringliche Reden Gottes. Es hat uns nicht überrascht, dass sein Ruf das eigene Zuhause aufzugeben genau in einer Zeit kommt, wo die Welt einem vorgaukelt, man wäre zu Hause am sichersten. Es war nichts Neues, dass seine Pläne unsere gehörig durcheinander geraten ließen. Es fühlte sich vertraut und richtig an.
Der Gedanke an ein Sabbatical war erstmal überwältigend. Was ist ein Sabbatical? Wie funktioniert das? Was erwartet uns? Wir haben viele Gespräche geführt, haben uns Ratschläge geholt, mit anderen gebetet. Jemandem haben wir gesagt: ‚Es ist menschlich unmöglich. Wir haben das Geld nicht, wir wissen nicht so recht wohin. Wir haben überhaupt keine Antworten.‘ ‚Das klingt nach Gott‘, war die Reaktion.
Ja, das klingt nach Gott. Gott schmunzelt über die scheinbaren Unmöglichkeiten, die uns so oft davon abhalten ihm unser Alles zu geben. Es tut so gut, Gott inmitten von Unsicherheiten und großen Glaubensschritten zu fühlen. Das macht uns lebendig und lässt uns mit Zuversicht vibrieren.
Unser Abflug steht bevor. Wir werden Deutschland für das Sabbatical verlassen, weil uns ein weiser Rat gegeben wurde, dass ein Sabbatical nur dann wirklich erfolgreich sein kann, wenn man die alltägliche, gewohnte Umgebung verlässt. Das Land der Ruhe hat also einen Preis. Welchen Preis sind wir bereit zu zahlen, um dort anzukommen, wo Gott uns haben möchte?
Die Liste bei Ebay Kleinanzeigen wird immer länger. Wir verkaufen fast alle Möbel, nehmen nur das Nötigste mit, verabschieden uns von viel Krimskrams, der bis vor kurzem selig im Dachboden ruhte. Im Aussortieren wird mein Herz ein bisschen leichter, nach den vielen, vielen Gesprächen, Absprachen, Übergaben wird es nun tatsächlich real: wir sind dann mal weg. Ich glaube, dass während des Jahres, das vor uns liegt, ähnliches mit unserem Herzen passieren wird: wir werden weggepackte Emotionen hervorholen, anschauen, loslassen. Es wird bestimmt hin und wieder weh tun und gleichzeitig werden wir leichter und unbeschwerter werden.
Es tut gut aktiv zu werden, Boxen zu füllen und gleichzeitig wird mir beim Packen die Größe unserer Entscheidung greifbar und manchmal bekomme ich Angst vor der eigenen Courage. Sobald ich anfange das ganze Vorhaben menschlich zu betrachten, bekomme ich kalte Füße. Sobald ich, wie Petrus, auf die Wellen blicke, gehe ich unter. Wie dankbar bin ich für die Gebete von denen, die den Ruf Gottes mit uns und für uns gehört haben. Die uns Rückendeckung geben, wenn alles als zu viel erscheint. Die uns die Arme hochhalten. Die für uns Glauben haben, wenn unserer nicht mal mehr einem Senfkorn gleicht. Nachfolge geht nicht alleine. Wir brauchen einander.
Wir als Familie fahren seit Wochen eine emotionale Achterbahn. Vorfreude und Zweifel geben sich manchmal im Minutentakt die Klinke in die Hand. Erst malen wir uns freudig aus, was wir alles erleben werden und im nächsten Moment fließen die Tränen, weil wir vieles vermissen werden. Für die Kinder ist es besonders herausfordernd. Wir beten für sie, halten sie im Arm, wohl wissend, dass Gott, ihr himmlischer Papa, sie so viel mehr liebt als wir und genau weiß, was sie brauchen.
Ich möchte dich in die nächste Zeit mit hinein nehmen. Denn ich glaube, dass Gott nicht nur uns in die Ruhe führen möchte. Tatsächlich sollte seine Ruhe ein fester Bestandteil unseres Lebens mit ihm sein. Nur in seiner Ruhe können wir stark sein. Nur wenn wir in ihm ruhen, können wir leben. Die Ruhe in unserem Leben ist stark umkämpft. Der Feind ist laut und ein nerventötender Störenfried. Immer wieder versucht er uns abzulenken, unruhig zu machen, vom Kurs abzubringen, uns fahrig zu machen und nervös. Es ist so wichtig, dass wir lernen in Gottes Ruhe zu leben. Diese Ruhe durch jede Pore unseres Seins dringen zu lassen, sie aufzunehmen, zu üben in ihr zu stehen, selbst wenn die Welt um uns herum wie ein aggressiver Bienenschwarm dröhnt.
Dieses Jahr liegt vor uns wie ein weißes Blatt Papier. Es wird ein neues Kapitel aufgeschlagen. Wir wissen: wir werden so viel lernen. So viel begreifen.
Ergreifen. Empfangen. Erleben. Erkennen.
Fotos: unsplash
Echt witzig. Wir fliegen morgen auch in die USA mit Baby, Kleinkind und ein paar Koffern. Uns ging es in den letzten Monaten ähnlich.
Hey Michaela, ich hoffe, ihr seid gut angekommen! Alles Liebe!
Hallo Inka,
da liegt sicher ein aufregendes Jahr vor euch. Ich bin mit dem gleichen Thema „in Gottes Gegenwart ruhen“ und aus ihr heraus leben unterwegs, aber nicht in dieser großen Version 🙂 – ich werde zuhause bleiben und Er wird mir die Tür öffnen für diese Ruhe, damit ich aus ihr heraus meinen Alltag wieder mit weniger Druck leben kann. Viele der Dinge, die wir uns so aufladen, sind gar nicht von Ihm sondern falsche Verantwortungen, die wir uns selbst überstülpen oder auch überstülpen lassen. Ich merke, ich muss neu lernen gesunde Grenzen zu ziehen, und für mich selbst gut genug zu sorgen, damit ich dann auch anderen wieder mehr geben kann.
Gott mir euch!
Sylvaki
Liebe Sylvaki! Das klingt wunderbar – Gott kann einen auch in den eigenen vier Wänden auf große Reisen führen…viel Segen dabei! Inka
Liebe Inka,
danke, danke, danke, durch dich spricht Gott zu mir, dein Bericht ist sehr ermutigend und erreicht mich zur rechten Zeit, da ich mich in einer sehr schwierigen Lebensphase befinde – ich habe schon alles, was mir lieb war, verloren und kann nichts mehr verlieren und weiß aber auch nicht, wo es hingeht. Der Verstand mischt sich permanent ein, dann kommt wieder Angst (Überleben, keine Arbeit, Miete) usw….Gott lässt niemand verloren gehen, die Schafe erkennen die Stimme ihres Hirten. Klasse, wie ihr da zusammen durchgeht mit Glaube, Mut und absoluter Hingabe.
Ich wünsche euch viel Kraft & Segen auf euren Wegen
alles Liebe Geli
Liebe Geli, entschuldige die späte Antwort. Sei gesegnet in allem Schwerem, das du gerade erlebst. Da fällt mir die Liedzeile aus dem Lied ‚The Blessing‘ ein – he is for you, he is for you! Liebe Grüße, Inka