Die Suche nach dem Kuscheltier

Als Jolea geboren wurde, bekam sie von Freunden ein Kuscheltier geschenkt. Es ist mehr eine Kuscheldecke mit einem Kopf  – wir sind uns noch immer nicht einig, ob es nun ein Lämmchen sein soll, eine Ziege, oder eine Kuh.  Auf alle Fälle hat sich dieses Kuscheltier zu einem nicht wegzudenkenden Accessoir gemausert. ‚Ku-schel-tier‘ war eines der ersten Worte, die Joela sprechen konnte. Das Kuscheltier darf auf keinen Fall gewaschen werden, weil es dann nicht mehr ’so gut riecht‘. Und wenn ich es dann doch mal heimlich in die Waschmaschine stecke, bekomme ich Ärger, weil es dann ’stinkt‘. (Auch da gehen unsere Meinungen auseinander…) Joela braucht dieses Ding mit den mittlerweile sehr deutlichen Gebrauchs- und Geruchsspuren zum Schlafen, zum Kuscheln und möchte es am allerliebsten überall mit hinnehmen.

Und vor einigen Wochen war das Kuscheltier dann plötzlich weg. Unauffindbar. Wir hatten das schon öfter, diese panikartige Suche kurz vorm Schlafengehen, wo Mama und Papa wie von der Tarantel gestochen die Stockwerke hoch und runter jagen, um das Kuscheltier zu finden, damit endlich Ruhe einkehrt. Und bis jetzt haben wir es auch immer gefunden. Bis zu jenem schicksalhaften Abend. Es war weg. Das Kuscheltier hatte sich in Luft aufgelöst. Ein Drama.

Joela war natürlich erst untröstbar, aber sie hat sich dann ganz gut an ein Leben, bzw. an ein Einschlafen ohne Kuscheltier gewöhnt. Jetzt musste der Bär herhalten, die Stoffkatze oder der Hase. Und dann sind gestern Abend doch wieder die Dämme gebrochen, Tränen flossen in Strömen und wir haben beschlossen am nächsten Tag eine Kuscheltiersuchaktion zu starten.

Wir begannen mit einem Gebet: ‚Jesus, du weißt, wo Joelas Kuscheltier ist. Bitte lass es uns finden.‘ Und dann wurde gesucht: in der Garderobe, in den Küchenschränken, im Kühlschrank (nicht meine Idee). Unter’m Sofa, in Spielkartons, hinter’m Klavier. Im Bastelschrank, unterm Bastelschrank, im Schub bei den Servietten. In Marits Zimmer, in Mamas und Papas Zimmer, im Bad. Keine Spur vom Kuscheltier. Schließlich sind wir in Joelas und Lilians Zimmer angekommen, die Hoffnung schwand – hier haben wir schon mehrmals überall gesucht. Also, wieder alles durchkämmen: die Kuschelhöhlen, unter den Matratzen, im Kleiderschrank…und da wurden wir doch tatsächlich fündig: im hintersten Eck, in einer Tasche voller Krimskrams – was lag da zusammengeknüllt? DAS KUSCHELTIER!!! Joela holte es aus der Tasche heraus, drückte es an sich, atmete tief den unverwechselbaren Kuscheltierduft ein – und seufzte: ‚Danke, Jesus.‘ Die Kuscheltiersuchaktion war erfolgreich.

Während unserer Suche kam mir folgender Gedanke: da gibt es einige Paralellen zwischen mir und dem Kuscheltier: ich bin auch voller Makel, vom Leben gezeichnet und oft unsicher, wer ich eigentlich bin. Und: ich bin innig geliebt und ohne Vorbehalte angenommen. Von Gott, meinem Schöpfer. Wenn ich verloren gehe, dann sucht er mich, bis er mich wiedergefunden hat. So wie der Hirte sich auf den Weg machte, um das verlorenen Schaf zu finden (Lukas 15, 4-6), oder die Frau, die ihr Haus auf den Kopf stellte, um den verlorenen Groschen zu finden (Lukas 15, 8-10)  Er vermisst mich schmerzlich, er sucht nach mir und ruft meinen Namen, bis er mich in einer Ecke findet, wo ich mich versteckt habe aus Scham, aus Angst, aus Enttäuschung. Er findet mich ganz bestimmt. Und dann nimmt er mich in den Arm und freut sich über mich. Es wird gefeiert, so wie der Vater eine Party organisierte, als sein verlorener Sohn nach Hause gekommen ist  (Lukas 15,11-32).

Auch wenn ich an mir zweifle, mich alleine, verloren und vergessen fühle, bin ich doch vor allen eines: gefunden und geliebt.

Fotos: Inka Hammond

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