Ein kleiner Punkt Leben
Heute früh beim Frauenarzt: Gleiche Praxis, fast ein halbes Jahr später. Meine Hände waren schweißnass, nervös knetete ich meine Finger. Dann das Ultraschallbild. Ein kleiner Punkt Leben. Ein kleines, klopfendes Herz.
Ich bin wieder schwanger und meine Gefühle schlagen Purzelbäume. Da ist immer noch die Traurigkeit, die Sehnsucht nach meinem verlorenen Kind. Da ist jetzt auch vorsichtige Freude über ein neues Leben, da ist Angst, das doch wieder alles anders läuft, als geplant und alles vermischt sich zu einem eigenartigen Emotionscocktail.
Es war für mich sehr schwer wieder für eine neue Schwangerschaft offen zu sein. Eigentlich wollte ich mich nicht mehr auf dieses Abenteuer einlassen. Dann war da aber der Zuspruch von meinem Mann, Zuspruch aus Gottes Wort, ein Traum, durch den mir klar wurde: das Leben siegt über den Tod. Die Vorteile haben die Nachteile (wenn es denn überhaupt ‚Nachteile‘ gab…) bei Weitem übertrumpft. Ein Kind ist purer Segen. Ja zum Leben! Ja zum Mama-sein! Ja für noch mehr quirliges Durcheinander in unserem Haus! Ja, ja, ja!
Und jetzt hab ich heute morgen das kleine Herzchen schlagen sehen und musste unwillkührlich an das Herz denken, das aufgehört hat zu schlagen. Einfach so. Wieder musste ich mich ganz bewusst zu Jesus hinwenden und Ihm die Kontrolle überlassen – auch über dieses neue Leben. Hätte ich Jesus nicht, hätte ich keinen Mut gehabt für eine weitere Schwangerschaft. Hätte ich Jesus nicht, wäre ich jetzt vollkommen überwältigt von meinen Gefühlen.
Und ich möchte an dieser Stelle gerne noch etwas erwähnen: als ich mit Benjamin schwanger war und voller Freude in der 7. Schwangeschaftswoche von dem Leben in mir herumzählte, habe ich einige schiefe Blicke geerntet. Was? Ich würde das jetzt schon anderen erzählen? Das ist doch viel zu früh. Was denn, wenn es ’nicht klappt‘ ? Das hat es ja dann auch leider nicht, aber gerade weil ich so vielen von unserem kleinen Baby erzählt hatte, bekam ich dementsprechend viel Mitgefühl und Zuspruch, als ich die Fehlgeburt erlitt. Wie wäre es gewesen, wenn keiner je von der Schwangerschaft erfahren hätte? Die vielen Emails und Karten sind für mich wie ein Gedenkstein für unseren Benjamin. Er hat gelebt und andere wissen davon. Hier an dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön an alle, die sich in dieser schweren Zeit bei mir gemeldet haben.
Und jetzt stand ich wieder vor der Frage: sollte ich nicht lieber damit warten, die Neuigkeit zu erzählen? Was, wenn es wieder ’nicht klappt‘? Was denken die anderen, wenn ich ’schon wieder‘ schwanger bin? Und ich bin wieder zum dem Ergebnis gekommen: ein Kind ist es wert von der ersten Sekunde an dazuzugehören. Es ist es wert, dass man darüber spricht, für es betet und es willkommen heißt. Es ist in der 6. Schwangerschaftswoche genauso wertvoll, wie in der 14, der 24. oder der 40. Woche. Darum will ich meine Freude zulassen und anderen mitteilen. Ich bin schwanger!
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