Unerwarteter Flow

(von Annette)

Es gibt so Zeiten, da ist mein Kopf so voll mit Gedanken, aber ich bringe sie nicht zu Papier. Egal ob ich muss (Artikel schreiben) oder darf (Tagebuch). Und irgendwie komme ich da nicht zu Potte. In den letzten Tagen habe ich eine unerwartete Entdeckung gemacht. Eine Freundin von mir lehrt an der Uni – vorzugsweise gibt sie Zeichenkurse für angehende Lehrer im Botanischen Garten. Ich darf, wenn ich kann, dazukommen. Dieses Semester wäre der Kurstermin eigentlich günstig, aber nun liegen auf dem Vormittag regelmäßig unverschiebbare Arzt- oder Therapietermine mit meiner jüngsten Tochter. Um mich vor dem Frust zu bewahren, zeigte mit meine Freundin eine Technik für zwischendurch: Blind zeichnen. Einfach ein Blatt Papier nehmen, ein Objekt drapieren, z.B. eine schöne Blüte (die gab sie mir auch gleich mit), loszeichen. Und zwar: Immer mit dem Blick auf dem Objekt, nicht auf dem Papier. Als Perfektionist, der die vollkommene Zeichnung sucht, konnte ich mir das nicht vorstellen, aber ich probierte es aus. Und ich entdeckte: Es funktioniert tatsächlich und das Ergebnis ist gar nicht so furchtbar. Außerdem: Ich staunte, welche Formen ich auf einmal wahrnahm. Mein Objekt war eine getrocknete Blüte, und mit jedem Zeichenversuch wurde sie schöner und wunderbarer. Ich konnte mich überhaupt nicht sattsehen. Und das Überraschende: Während ich so ohne große Erwartung vor mich hinzeichnete mit dem Ziel, einfach nur das Auge und das Sehen zu schulen, hatte ich auf einmal unheimlich viele kreative Ideen. Für meinen fälligen Artikel, für kleine Texte, für meine Kinder, für Geschenkideen, für alles Mögliche. Als ich das Kreative nicht suchte, kam es zu mir. Und das Schreiben funktioniert nun auch wieder…

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