Gott ruft die Pioniere
Mein Mann und ich schauen uns gerade eine Serie über Siedler an, die sich im 19. Jahrhundert auf den Weg in den Westen Amerikas machten. Der Mut der Siedler hat mich schon immer sehr bewegt und Filme wie ‚In einem fernen Land‘ haben mich schon als Teenager total mitgerissen.
Gestern Abend hat mich eine Szene besonders angesprochen und ich glaube, dass sie ein deutliches Bild von der Situation zeichnet in der sich viele von uns befinden.
Die Gruppe von Siedlern ist schon ein paar Tage in unwegsamen Gelände von Texas unterwegs und sie kommen an einen Fluss, den sie überqueren müssen. Die meisten können nicht schwimmen und haben ihre ‚Wagons‘ voll geladen mit Möbeln und Erinnerungsstücken aus ihrer Heimat. Die erfahrenen Begleiter der Gruppe sprechen Klartext: Ihr müsst alles, was nicht unbedingt notwendig ist, abladen – ansonsten schafft ihr es nicht an das andere Ufer. Die Menschen brechen in Tränen aus, denn sie haben sowieso nicht viele Besitzgüter und diese wenigen Dinge sind alles, was ihnen aus ihrem alten Leben geblieben ist. Die Szene erreicht ihren Höhepunkt, als ein Musiker sich weigert sein Klavier abzuladen. Dieses Klavier bedeutet seinen Lebensunterhalt und er kann sich nicht vorstellen es zurückzulassen. Dem burschikosen ‚Captain‘, der die Gruppe anführt, platzt der Kragen und er fährt den Musiker an: ‚Du bist kein Musiker, du bist ein Pionier. Und das ist alles, was du bist, bis du ankommst.‘ Der Musiker bricht zusammen, weil er erkennt: wenn er an seinem Ziel ankommen möchte, dann muss er das, was in ihn bisher definiert hat und ihm Sicherheit gegeben hat, hinter sich lassen und sich seiner neuen Rolle als ‚Pionier‘ fügen.
Die darauffolgende Szene, als die Menschen über den Fluss übersetzen und die Kamera dann auf die Wiese schwenkt wo Bettgestelle, Öfen, Stühle und Tische wild durcheinander stehen, ging mir so nahe. Inmitten von all diesen Schätzen, sieht man das Klavier stehen. Es kostet etwas ein Pionier zu sein.
Ich glaube, dass wir uns in einer Zeit befinden, wo Gott uns ruft kompromisslos das Alte zurückzulassen, weil wir mit dem unnötigen Ballast nicht in dem ‚Neuen‘ ankommen können, in das Gott uns hineinführen möchte. Damit lassen wir auch ein Stück unserer Identität zurück, so wie der Musiker sein Klavier. Es ist ein unglaublich unbequemer Ort, diese Spannung zwischen zwei Destinationen. Es kostet wirklich viel sich aufzumachen und loszulassen. Voranzugehen, ohne genau zu wissen, wohin man eigentlich geht.
Diese Siedler haben von diesem Ort ‚Oregon‘ gehört. Sie hörten, dass es dort sattes Ackerland gibt, Berge und Meer. Es zog sie dorthin, obwohl der Weg voller Gefahren und Entbehrungen war. Aber sie waren noch nie dort. Sie wissen nicht, wie sich die Luft anfühlt, wie es riecht, welche Blumen dort wachsen und welches Getreide am besten gedeiht. Sie gehen, weil sie eine Vision von einem anderen, besseren Leben haben. Sie gehen, weil sie mit dem Leben, das sie bisher hatten, unzufrieden sind. Sie sehnen sich nach mehr.
Gott ruft die Pioniere. Pioniere sind ‚Wegbereiter‘. Sie sind Bahnbrecher, Vorläufer. Sie sind bereit Opfer zu bringen um neues Land zu erobern, Dinge zu tun, die noch nie jemand zuvor getan hat und sie tun dies oft einsam und missverstanden. Es sind die Calebs und die Joshuas, die der großen Menschenmenge zurufen: ‚Das Land, das wir durchwandert und ausgekundschaftet haben, ist sehr gut.‘ (4. Mose 14) Es sind die Visionäre, die mutigen Kundschafter, die Gott ohne Kompromisse in unbekanntes Terrain folgen und einen Weg bahnen. Es sind die mit großem Glauben, die keine Angst vor den Riesen haben, die das verheißene Land besetzen.
Wir befinden uns in einer Übergangsphase. Es geht eine Ära zu Ende und es beginnt etwas Neues. Wir können es noch nicht benennen, wir können es noch nicht anfassen, es gibt vielleicht noch nicht einmal das richtige Vokabular für das, was vor uns liegt. Es ist wie das fruchtbare Oregon für die Siedler, wie das verheißene Land für die Israeliten. Ich empfinde es so tief in meinem Geist, das es von größter Wichtigkeit ist, dass wir uns nicht aus Angst und Kleinglaube von der Reise abschrecken lassen. Dass wir bereit sind Traditionen und verlässliche Routinen loszulassen und Gott mit allem vertrauen, was wir noch nicht kennen und wissen. Es ist eine Zeit, wo wir teilweise gar nicht mehr genau sagen können, was uns ausmacht und was genau unsere Berufung ist. Das, was in der letzten Season ‚funktioniert‘ hat, wird in dem Neuen, was Gott vorbereitet nicht mehr greifen oder einfach zu menschlichem Aktionismus verfallen.
Lassen wir los, so wie der Musiker sein Klavier? Lassen wir uns von Gott rufen in dieses neue Land, auf diesen neuen Grund und Boden, der erst erschlossen und erwirtschaftet werden muss? Legen wir unsere Ministries, unsere Kirchen, unsere Arbeitsabläufe, unsere Ehrenämter, unsere ‚Funktionen‘ auf den Altar und sind wir bereit voranzugehen, wenn Gott uns den Auftrag gibt?
Für viele wird es in dieser Zeit massive Veränderungen geben. Gott wird Sicherheiten einfordern – Führungspositionen, Eigenheime, Arbeitsplätze. Er wird dich fragen, wie er Petrus gefragt hat: ‚Liebst du mich?‘ Und je tiefer wir in unserer Liebe zu Jesus verankert sind, desto bereitwilliger können wir unsere Hände öffnen – um loszulassen und zu empfangen. Es ist eine Prüfung unseres Glaubens. Wie sehr sind wir in menschlichem Aktionismus gefangen und wo sehnen wir uns einfach nur nach Begegnung mit dem Heiligen Geist? Wie sehr folgen wir unseren Plänen und fragen nicht nach den himmlischen Blueprints?
Es ist eine Zeit, wo Gott mutigen Glauben mit Zeichen und Wundern begleitet. Es ist nicht mehr in unserer Kontrolle, sondern komplett abgegeben an den Herrn. Es entsteht eine neue Hingabe und Unterordnung in unseren Herzen und Gott ehrt das.
Als Christen ist uns dieser Pioniergeist in der DNA verankert. ‚Geht in die ganze Welt und verkündet allen Menschen die gute Botschaft.‘ (Markus 16,15). Die Bereitschaft auf unerforschten Wegen zu gehen und sich an die Begebenheiten von neuen, unbekannten Umständen anzupassen, ist tief in unserem geistlichen Erbe angelegt. Es ist an der Zeit diesen Abenteurergeist neu zu entdecken.
Lass dich von Gott rufen. Frage ihn wie du in dieser Zeit ein Pionier sein kannst. Erlaube dem Heiligen Geist dein Herz zu prüfen und sei bereit mit offenen Händen vor Gott zu stehen. Gott baut sein Reich. Inmitten von allem Leid und aller Finsternis graben wir dem Feind das Land ab und lassen das Licht in die dunkelsten Ecken scheinen. Es ist herrlich und es ist schmerzhaft. Es ist das, wofür wir geschaffen wurden.
Steh auf und leuchte! Denn dein Licht ist gekommen und die Herrlichkeit des Herrn erstrahlt über dir. Denn die Erde ist von Finsternis zugedeckt und die Völker liegen in tiefer Dunkelheit, aber über dir strahlt der Herr auf. Man kann seine Herrlichkeit über dir schon erkennen. (Jesaja 60,1)
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