Meine große Tochter hat zur Zeit eine ziemlich anstrengende Phase. Sie denkt andauernd, dass sie benachteiligt wird. Dass ihre Schwestern SOO viel mehr bekommen, als sie. Mama und Papa schimpfen IMMER nur mit ihr usw usf. Ziemlich anstrengend und heute früh habe ich sie wütend aus dem Zimmer geschickt, weil ich es nicht mehr mitanhören konnte, diese ewige Jammerei.
Kaum hatte ich die Tür hinter ihr zugemacht und ihr noch zugerufen, sie soll sich erst wieder blicken lassen, wenn sie wieder freundlich sein kann – da fühlte ich mein Herz schwer werden. Mit einem Mal wurde mir bewusst, dass ich mich sehr oft wie meine Tochter aufführe. Okay, ich schmeiße mich nicht auf den Boden und trommle mit den Fäusten, ich stampfe nicht mit dem Fuß auf, und ich bekomme nicht urplötzlich in der Öffentlichkeit einen Schreianfall. Aber – in mir drin, da jammere ich oft ganz genauso. Da hebe ich die Faust gen Himmel und drohe. Da zeige ich beleidigt auf andere und sage, das will ich auch haben! Da fühle ich mich benachteiligt und nicht angemessen belohnt. Schickt Gott mich deswegen vor die Tür? Verliert Er die Geduld mit mir? Sagt Er: ‚Werd‘ erst wieder freundlich, dann rede ich wieder mit Dir!?‘ Tut Er das?
Nein, muss ich mit einem Kloß im Hals anerkennen. Tut Er nicht. Im Gegenteil: Seine endlose Liebe und Geduld fängt mich immer wieder auf und beruhigt mein wild klopfendes Herz. Natürlich muß ich lernen, dass ich nicht begehren soll, was die anderen haben. Ich soll zufrieden sein, mit dem, was Gott mir gibt. Ich soll dankbar sein in jeder Lebenssituation. Ich fühle mich von dieser inneren Einstellung so weit entfernt, wie meine Tochter es ist. Manchmal kommt mir der Fall hoffnungslos vor. Ich werde es wohl nie begreifen.
Aber Gottes Liebe zu mir spornt mich an. Er meint es ja so gut mit mir! Er beschenkt mich täglich und Seine Gnade überwältigt mich.
Ich werde jetzt zu meiner Tochter gehen und sie mal ganz lange umarmen. Und ihr sagen, wie lieb ich sie habe, genauso wie sie ist. Und dass ich immer für sie da bin.
Und dann werde ich versuchen heute Gnade walten zu lassen und mich in Geduld zu üben.
Und ich werde an meinen himmlischen Vater denken, der mich nie vor die Tür setzt.
Genau die gleichen Gedanken und Gefühle habe ich auch, wenn ich mit meinen Kindern zu streng war