Mütterkur

Wieder Zuhause

Seit Mittwoch bin ich wieder Zuhause.

Hinter mir liegen 3 Wochen ohne Kinder, ohne Haushalt, ohne Verpflichtungen (außer pünktlich zur Massage zu erscheinen), ohne Essen kochen, ohne Aufräumen, ohne Putzen. Was soll ich sagen: da kann man sich dran gewöhnen.

Ich hatte eine Tür, die ich hinter mir zuschließen konnte. Keiner wollte was von mir. Ich konnte stundenlang lesen. Malen. Spazieren gehen. Und keiner hat sich beschwert, dass ich weg war. Ich hatte Zeit für die ‘Stille Zeit’ und sie war tatsächlich ‘still’.

november2015 142

Ich hatte Raum und Zeit mich kreativ auszutoben, ich habe mit Acrylfarbe gemalt und endlich mir selbst eine Mütze gehäkelt. Und einen Schal. Und Stulpen! Und sogar ein Stirnband.

Nachdem ich in der ersten Woche vor Heimweh fast vergangen bin und voller Schrecken feststellen musste, wie erschöpft ich eigentlich tatsächlich bin (die Erschöpfung merkt man ja immer erst, wenn man sich mal Zeit nimmt, sich auszuruhen – das ist wie beim Wandern: sobald ich mich auf eine Bank zum Ausruhen setze, komme ich nur ganz schwer wieder hoch…), bin ich in der zweiten Woche ganz zaghaft in der Erholung angekommen. Das hat sich angefühlt, wie plötzlich mitten auf einer Blumenwiese zu stehen. Weit und breit kein Zaun. Über mir der blaue Himmel. Ein leiser Wind. Vogelgezwitscher. Und mitten drin ich, mit weit ausgestreckten Armen, die Augen geschlossen, die Sonnenstrahlen auf dem Gesicht. Und ich stand einfach nur da und habe genossen.

Als es ganz am Anfang meiner Kur geschneit hat, sass ich am Fenster, die Füße auf der Heizung und habe einfach nur den Schneeflocken beim Fallen zugesehen. Einmal saß ich da und habe die Wolken beobachtet und Gott hat mir eine Taube mit den Wolken gemalt. Einmal habe ich einen kleinen Regenbogen entdeckt, obwohl weit und breit kein Regen fiel. Diese kleinen Wunder habe ich finden können, weil ich nichts getan habe, außer da zu sitzen und aus dem Fenster zu sehen. Himmlisch.

november2015 118

Ich habe mich auch wieder daran erinnert, wie sehr ich einsame Spaziergänge liebe. Als Teenager bin ich stundenlang durch Wald und Flur gegangen und habe so meine Umwelt vor meinen pubertären Gefühlsausbrüchen bewahrt. Später, als ich an der Bibelschule war, habe ich entdeckt, dass ich wunderbar mit Gott reden kann, wenn ich auf einem Feldweg entlanggehe und weit und breit kein Mensch zu sehen ist. Das habe ich auf der Kur für mich wiederentdeckt und ich bin jeden Tag gewandert was das Zeug hielt und ich habe dabei wunderschöne Unterhaltungen mit Jesus gehabt.

Und es ist auch erstaunlich, was man alles bei einem einsamen Spaziergang in sich aufnehmen kann, wenn man sich nicht ständig umdrehen muss und aufpassen muss, dass kein Kind unter dem Stacheldraht durch zu den Kühen robbt (alles schon passiert…) oder man kreativ den Pullover vom Papa zur Hose für die Jüngste umfunktionieren muss, weil sie zum dritten Mal reingepinkelt hat und wir hatten doch nur zwei Ersatzhosen dabei. Und keiner muss angespornt werden…nur noch zwei Mal um die Kurve und dann…, sondern man ist alleine unterwegs und bestimmt für sich das Tempo und hält an, wenn man mag und hat die Augen offen für all die kleinen Wunder am Wegesrand: vereiste Hagebutten, Schneekristalle am Boden, Klee im November (nach einer Woche Schnee!), Baumrinde (da kann man was mit basteln!), Stille im Wald, ein Eichhörnchen, ein leise gluckernder Bach…

november2015 131

In der dritten Woche hat sich dieses Gefühl der Leichtigkeit verfestigt, ich fühlte mich freier, mutiger. Ich stand nicht nur auf dieser Blumenwiese, ich fing an die Blumen zu pflücken, mir ein Haus auf die Wiese zu träumen, Pläne zu machen. Wie kann ich meinen Alltag verändern? Wie kann ich Zeit für mich schaffen? Wie kann ich den Kindern mehr Wertschätzung entgegenbringen? Mein Blick, der nach innen gerichtet war, nur auf mich, öffnete sich wieder für das Andere um mich herum. Obwohl ich meine Kinder und meinen Mann schmerzlich vermisst habe, war ich doch auch froh, alleine zu sein. Und nach einiger Zeit kam aber auch wieder diese Bereitschaft in mir hoch, mein Leben zu teilen. Wieder für andere da zu sein. Meine Rolle als Ehefrau und Mutter wieder ausfüllen zu wollen.

Nun verändern 3 Wochen Kur nicht Lebensmuster, die sich über Jahre verfestigt haben. Und in den drei Tagen, die ich jetzt wieder zu Hause bin, hab ich feststellen müssen, dass meine Kinder tatsächlich nerven können und ich mir das nicht nur eingebildet habe. Und dass es gar nicht so einfach ist 20 Minuten Gymnastik im geschäftigen Alltag einzubauen. Ich bin auch leider schon wieder laut geworden und bin meinem Perfektionismus mehr als einmal erlegen. Und der Gedanke, dass ich ein Versager bin, kam auch schon wieder hoch.

Die Blumenwiese scheint gerade weit, weit weg.

Mir ist bewusst geworden, dass ich nicht von heute auf morgen wieder ganz ‘die Alte’ sein werde. Ich muss Geduld mit mir haben. Andere müssen Geduld mit mir haben. Ich werde Entscheidungen treffen müssen, die meinen Alltag beeinflussen, ich muss Zeiten für mich einplanen. Ich muss lernen ‘nein’ zu sagen, und auch ‘ja’ – z.B. wenn mir jemand Hilfe anbietet. Ich bin kein Allroundtalent, das alles wuppt, was in die Quere kommt – ich bin eine Frau, mit Schwächen und Macken und ich komme nun mal schnell an meine Grenzen. Da überholen mich andere oft und ich schaue ein bißchen sprachlos hinterher. Aber das ist okay. In der Klinik wurde folgender Satz oft gesagt: ‘Bleiben Sie bei sich.’ Das ist gar nicht so leicht umzusetzen…das bei-mir-bleiben.

Dazu muss ich mich ja auch gut kennen, muss einschätzen können, was mir gut tut und was mich stresst. Wie viel kann ich mir zumuten? Wann wird es zuviel? Das muss ich jetzt alles Schritt für Schritt ausklamüsern. Die Kinder muss ich dabei ja auch irgendwie im Blick haben und meinen Mann auch. Der Haushalt will auch nachwievor von mir erledigt werden und zur Gitarrenstunde fährt es sich auch nicht von selbst. Ich will mich nicht wieder im Alltagschaos verlieren, sondern ich will bei mir bleiben. Und das bedeutet für mich in erster Linie: an Jesus dran bleiben. Er ist meine Hoffnung auf die Herrlichkeit, meine Kraft in der Schwachheit, die Ruhe im Sturm, der Stern in dunkelster Nacht, das Morgengrauen, der Silberstreifen am Horizont.

Ja, ich will bei mir bleiben, immer wieder in mich hineinhören, was ich gerade brauche. Und ich will bei Jesus bleiben, weil Er am allerbesten weiß was ich brauche, weil er der Hirte ist, der mich zu den ruhigen Wassern und zu eben dieser saftigen Wiese führt.

Wieder Zuhause Read More »

Gott.Ist.Gut

Gott ist gut. Auch wenn es mein Leben nicht gerade so verläuft, wie ich es gerne hätte. Auch wenn ich mich nur mit viel Mühe durch den Tag schleppe, kaum Energie für die Kinder habe…kann ich doch sagen: Gott ist gut.

Gott ist gut!

Egal wie meine Umstände aussehen, egal wie viele Träume zerplatzen, egal wie oft ich hinfalle.

Gott ist gut.

Auch wenn um mich herum alles auseinander zu fallen scheint und ich nicht mehr weiß, wo oben und wo unten ist.

Gott ist gut.

Ich lerne gerade, wie inmitten von Angst und Sorge und Müdigkeit und Kraftlosigkeit Gottes Kraft trotz allem – oder gerade deswegen! – strahlen kann. Dass die Gegenwart von Krankheit nicht die Abwesenheit von Gott bedeutet, sondern dass vielmehr das Leid der Türöffner für Gottes heilende Gegenwart ist. Gott ist nicht gegen mich – nein, er ist FÜR mich und das macht mich zur Kämpferin, zwar noch ohne Kraft, zur Heldin, gegenwärtig vielleicht noch ohne sichtbaren Sieg. Die Kraft ist noch nicht spürbar, der Sieg noch nicht errungen – aber ich weiß, dass denen die Gott lieben ALLE Dinge zum Besten dienen und dass Er GUTE GEDANKEN für mich hat, Gedanken des HEILS und nicht des Unheils, Er will mir eine Zukunft und Hoffnung schenken. Gottes Blick auf mir sieht mich, wie ich dank seiner Gnade sein werde und das gibt mir in meinem jämmerlichen Heute die Zuversicht weiterzugehen.

from Inkas phone 200

Es mag gerade alles trostlos und traurig erscheinen, aber ich bin voller Hoffnung. Gott hat es möglich gemacht, dass ich nächste Woche schon auf Kur fahren kann! Ich weiß, dass das sein perfektes Timing ist. Ich spüre ganz deutlich, dass er mich ins Verborgene zieht, dass er mir Ruhe schenken will und dass er mich wieder herstellen will. Das bedeutet für mich allerdings auch ein schmerzhaftes Loslassen. Wenn Gott uns in die Wüste ruft, zu dem verborgenen Ort, müssen wir alles abwerfen. Wir müssen Beziehungen ruhen lassen, uns aus Aktivitäten zurückziehen. Wir müssen sagen: wir nehmen uns nicht wichtig, das funktioniert auch ohne mich. Ich weiß, ich werde meine Familie vermissen, den geregelten Alltagsablauf, meine Aufgaben, die mich ausmachen. Die mich definieren. Wer bin ich, wenn alles wegbricht?

Loslassen. Alles vor Gottes Thron bringen. Prüfen, was ‘dran’ ist. Neu empfangen, was er für mich vorbereitet hat. Mit leeren Händen vor Jesus stehen. Mittellos und arm. Neu begreifen, erfahren: ER ist mein Alles. Ich will wieder an den Punkt kommen, wo meine Beziehung zu Jesus rein und klar ist und über allem anderen steht. Wenn das der Fall ist, dann fällt alles andere auf seinen Platz und wird durchdrungen von seiner Liebe.

Und ich sehne mich danach, dass ich getrieben werde von seiner Liebe, seiner Barmherzigkeit. Dass ich die Menschen um mich herum mit seinen Augen sehen kann. Die nächsten Wochen will ich wieder neu erfahren, wie Er mich sieht. Ich will mich ausruhen unter seinem Blick. Will mich sonnen in seiner Annahme! Und die Kraft wird wieder wachsen, langsam werde ich wieder auf die Beine kommen.

Und in der Zwischenzeit, wenn ich mich noch unsicher fühle, wenn ich einfach noch nicht da bin, wo ich gerne sein möchte, wenn ich immer noch öfter ‘Nein’ sagen muss als ‘Ja’…weiß ich doch: Gott ist gut. Immer. Gott. Ist. Gut.

 

Gott.Ist.Gut Read More »

Müde und ausgelaugt

Die Zeit fliegt. Schon ist es Herbst. Als ich den letzten Artikel tippte, war es draußen heiß und schwül. Heute schaue ich aus dem Fenster und sehe wie die Herbstsonne durch die schon bunten Blätter scheint. Wir haben die Regenjacken wieder aus den Schränken geholt und die wasserfesten Schuhe. Die Zeit fliegt.

Die letzten Wochen waren für mich sehr herausfordernd. Kräftezehrend. Seit Monaten schon, eigentlich schon seit Jahren, komme ich immer schneller an meine Grenzen. Genaugenommen fing es an, als wir unser Baby verloren haben – das ist nun schon über 3 Jahre her. Dann die schwierige Schwangerschaft mit unserem 5. Kind, die anstrengende Geburt. Und dann stellt sich heraus, dass unser Nesthäkchen uns als ‘alte Hasen’ nochmal so richtig herausfordern will. Schlaflose Nächte, monatelang. Und noch immer, mit 2 1/2 Jahren macht unser Sohn gern mal die Nacht zum Tag. Inmitten dieser alltäglichen Achterbahnfahrten hat mein Mann seine Arbeitsstelle wechseln müssen. Es kamen mehr Arbeitsstunden hinzu, 3 Stunden pro Tag im Zug zur Arbeit und wieder nach Hause – manchmal ist das Leben unfair.

Ich habe immer mehr an Boden unter den Füßen verloren. Hab mich immer mehr überfordert gefühlt. Dinge, die mir vorher wie selbstverständlich von der Hand gingen, waren plötzlich Mammutaufgaben. Die Nerven lagen immer öfter blank und seit kurzem geht es mir auch körperlich nicht gut. In der letzten Woche war es besonders schlimm. Immer wieder Herzrasen, Schwindel. Ich muss die Notbremse ziehen. Und das habe ich auch.

Schon seit einem Jahr trage ich den Gedanken mit mir herum eine Mütterkur zu beantragen. Keine Mutter-Kind-Kur – das ist die bekanntere Variante. Sondern wirklich eine Kur nur für Mütter. Ohne Kinder. Immer wieder habe ich es hinten angestellt, habe mir gedacht, das wäre doch gelacht, wenn ich meinen Alltag nicht alleine hinkriege. Andere schaffen das doch auch. Und ich habe es doch auch immer gut geschafft. Ich soll mich bloss nicht so anstellen. Es kam mir auch so vor, als würde ich mit diesem Antrag auf Kur kapitulieren. Aufgeben. Mir eingestehen müssen, dass ich es eben nicht alleine schaffe. Und das wollte ich nicht. Ich wollte das alles alleine bewältigen.

Es hat nicht funktioniert. All die Herausforderungen des Alltags zollen gerade ihren Tribut. Irgendwann ist halt der Akku leer und muss wieder neu aufgeladen werden. Ich ahne: ich werde in den nächsten Wochen so einiges lernen über loslassen, schwach sein dürfen und Hilfe annehmen müssen. Nachdem ich letzte Nacht wieder mit Herzrasen wach im Bett lag, erscheint es mir heute wie ein Geschenk, dass ich den Anruf mit der Nachricht bekam, dass meine Kur genehmigt wurde. Irgendwie fühlt es sich gerade sehr gut an, dass ich gerade nicht stark sein muss. Dass mir unter die Arme gegriffen wird. Irgendwie löst das die Verkrampfung in mir etwas. Ich fühle mich schon etwas ruhiger.

Klar stehen jetzt noch viele Fragezeichen im Raum. Ich habe erfahren, dass ich frühestens nächstes Jahr im Mai die Kur beginnen kann. Es gibt nur 5 Häuser dieser Art in Deutschland – und die Wartelisten sind dementsprechend lang. Wie soll ich noch solange durchhalten? Oder was mich viel mehr beschäftigt: wie werden meine Kinder damit umgehen, wenn Mama 3 Wochen nicht da sein wird?

Ich habe von Gott vor ein paar Monaten (als ich den Gedanken an die Mütterkur noch weit von mir geschoben habe) eine Zusage bekommen: ‘Du darfst dich ausruhen.’

Das gibt mir Mut. Gott hat nach seinem Schöpfungswerk auch ausgeruht. Gott weiß, wie notwendig Ruhe für unsere Seelen ist. Es ist für Ihn okay, wenn ich mich zurückziehe und ausruhe. Er braucht nicht meinen Aktivismus. Es ist für Ihn viel wichtiger, dass ich in Ihm bleibe und Er in mir. Er der Weinstock, ich die Rebe. Meine Kraft reicht nicht aus. Ich brauche Jesus. Seine Kraft in meiner Schwachheit.

from Inkas phone 104

Müde und ausgelaugt Read More »

Nach oben scrollen