Ostern

In der Woche vor Ostern…

Der Lärm muss unbeschreiblich gewesen sein. Erhobene Hände, Menschen dicht gedrängt auf den Straßen, Staub in der Luft, Kinder auf Schultern, diejenigen in der letzten Reihe auf den Zehenspitzen um einen Blick zu erhaschen. Das Rascheln der Palmzweige, die aufgeregten Unterhaltungen, das hastige Ausziehen von kostbaren Mänteln, Jacken, Tuniken. Die engen Gassen von Jerusalem werden Zeuge von einem königlichen Einzug, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat. Jesus, der rebellische Rabbi, der in kein Format, kein Schema passt und in Menschen eine Sehnsucht auslöst. Jesus, der von sich sagt, er sei der Messias, Sohn Gottes, der Jahweh, dessen heiligen Namen man nicht komplett auszuschreiben wagt, seinen ‚Abba‘ – Papa nennt. Dieser Mann, der Leprakranke berührte, mit Sündern an einem Tisch saß, der Prostituierte nah an sich heran ließ, der mit den Samaritern freundlich umging. Was für ein gegensätzlicher Mann! Er muss der Messias, der Befreier sein, der den Römern endlich die Stirn bot und Freiheit dem Volk Israel brachte. Wenn nicht er, wer dann?!

Der Lärm muss unbeschreiblich gewesen sein. Erboste Gesichter, Fäuste in den Himmel gereckt, schrille, hasserfüllte Schreie. Menschen dicht gedrängt, die Wut brodelt wie ein Lauffeuer, die Enttäuschung entzündet sich wie ein Flächenbrand. Vereinzelt liegen noch zertrampelte Palmzweige auf den dreckigen Straßen. Die Euphorie ist längst verflogen. Der Messias hat seinen Auftrag nicht erfüllt und ist wie ein Lamm zum Schlachter gegangen, anstatt wie ein Löwe den Schlachter zu zermalmen. Keine Freiheit, die Unterdrückung geht weiter, kein Ende in Sicht. Dieser Mann, der doch von sich behauptete der König der Juden zu sein, der Sohn Gottes steht nun wie ein jämmerliches Häufchen Elend da. Die Haut blutig und voller Schrammen, das Gesicht zerkratzt, die Hände gebunden. Da steht er, ein Betrüger muss er sein, ein dahergelaufener Lügner, ein Hochstapler! ‚Kreuzige ihn! Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!‘

Der Lärm muss unbeschreiblich gewesen sein. Der Riss durch den dicken Stoff lässt den Tempel wackeln. Auch die Gebäude Jerusalems erzittern, als das Beben seinen Lauf nimmt. Der Himmel ist unheilvoll dunkel. Die Wolken bewegen sich schnell von einem unsichtbaren Sturm angetrieben. Schreie ertönen, als längst Verstorbene aus Gräbern steigen. Ein Alptraum! Das ist sicherlich das Ende. Menschen liegen sich angstvoll in den Armen, blicken unsicher um sich. Die Lämmer im Tempel blöken laut, bevor sie geopfert werden. Ein Mann hängt am Kreuz und sein letzter Schrei fährt durch Mark und Bein. Es ist ein Schrei des Leidens, ein Schrei der Verzweiflung und ein Schrei des Triumphes. Er stirbt.

Und dann ist Stille.

 

In der Woche vor Ostern…

…möge aus unseren Mündern nicht Lobpreis und Verdamnis gleichzeitig kommen.

…mögen wir trotz Enttäuschung und Verzweiflung an den Verheißungen Gottes festhalten.

…mögen wir inmitten von schwierigen Umständen – mit keinem Ende in Sicht – auf Jesus warten. 

…mögen wir uns nicht vom Lärm der Welt übertönen lassen und unsere Stimme für Gerechtigkeit erheben.

…mögen wir vor Ostern ganz neu begreifen, welches Opfer Jesus für uns gebracht hat und uns ganz neu in ihn verlieben. 

 

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Meine mutigsten Gebete

Das Grab ist leer. Der Tod ist besiegt.

Ich bin heute morgen aufgewacht mit einer großen Ehrfurcht im Herzen, was Ostern eigentlich bedeutet. Was es für mich ganz persönlich bedeuten kann. Und es grämt mich, wie oft ich lebe, als wäre Ostern nie passiert.

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‚Ich bete, dass ihr erkennen könnt, wie übermächtig groß seine Kraft ist, mit der er in uns, die wir an ihn glauben, wirkt. Es ist dieselbe gewaltige Kraft, die auch Christus von den Toten auferweckt und ihm den Ehrenplatz an Gottes rechter Seite im Himmel gegeben hat.‘ 
(Epheser 1, 19-20)
Ja, ich weiß, dass Ostern so viel mehr ist als Eier suchen und Hefezopf essen. Ich weiß, dass meine Hoffnung auf ewiges Leben, gegründet ist auf diesem gewaltigen Ereignis vor über 2000 Jahren.
Aber was macht diese Botschaft mit meinem alltäglichen Leben? Wie sehr beeinflusst mich die Nachricht vom leeren Grab, wenn ich mit Sehnsüchten überwältigt werde, wenn Krankheiten mich plagen, wenn Mangel mich klein hält, wenn Abhängigkeiten meine Grenzen eng stecken?
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Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat. (Römer 8, 37)
Was ist dein mutigstes Gebet, das du heute beten kannst? In welchem Bereich deines Lebens musst du überwinden, siegen, triumphieren? Und wo hast du schon längst aufgegeben und dieser Auferstehungskraft in dir nichts mehr zugetraut?
Ich habe heute morgen in mein Tagebuch geschrieben. Angetrieben von einem großen inneren Hunger nach mehr von Jesus, habe ich all das festgehalten, was in meinem Leben noch nicht zu diesem Osterwunder passt. Gebete, die noch keine Antwort erhalten haben, Herzenswünsche, die ich mich nur zu flüstern traue, Heilung, Zeichen und Wunder in meiner Familie, Durchbrüche, Verheißungen, die noch auf ihre Erfüllung warten.
Oft ist mein Leben wie eine Gleichung, die nicht aufgeht. Ich lebe, als würde Jesus noch im Grab liegen. Ich bete, als wäre er noch tot. Das ist zum einen eine Spannung, die wir Christen aushalten müssen – auf dieser Seite des Himmels. Zum anderen ist es eine Möglichkeit, unseren Glauben wachsen zu lassen, mehr zu erwarten, uns immer wieder auf die Wahrheit zu stellen, nicht locker zu lassen. Denn:
‚Durch die mächtige Kraft, die in uns wirkt, kann Gott unendlich viel mehr tun, als wir je bitten oder auch nur hoffen würden.‘ (Epheser 3, 20)
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Diese Kraft. Diese Auferstehungskraft. Diese mächtige, überwältigende, unerklärliche Kraft, die Jesus von den Toten auferweckt hat. Diese Kraft lebt. in. mir.
Heute an diesem Ostermorgen spüre ich, wie der Heilige Geist mich einmal mehr dazu herausfordert, meinen Glauben an diese wunderbare Wahrheit anzupassen. Unmögliches zu erwarten. Neue Hoffnung zu schöpfen. Mich wieder aufzurichten und die Würde und Autorität anzunehmen, die ich dank Jesus haben kann.
‚Aber ihr seid anders, denn ihr seid ein auserwähltes Volk. Ihr seid eine königliche Priesterschaft, Gottes heiliges Volk, sein persönliches Eigentum. So seid ihr ein lebendiges Beispiel für die Güte Gottes, denn er hat euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen.‘ (1. Petrus 2, 9)
Das bedeutet aber, wer mit Christus lebt, wird ein neuer Mensch. Er ist nicht mehr derselbe, denn sein altes Leben ist vorbei. Ein neues Leben hat begonnen! (2. Korinther 5, 17)
Ich will heute meine mutigsten, verrücktesten Gebete beten. Das leere Grab verlangt genau das.
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Wenn alles schief läuft

Es sollte eine ruhige, erholsame, friedliche Woche werden. Viel Zeit für die Kinder. Zeit für meinen Mann. Zeit für mich. Ein Buch lesen, vielleicht sogar zwei. Innerlich wieder ruhig werden nach wochenlangem Stress.

Nichts, wie erhofft

So hatte ich mir das vorgestellt, aber es kam anders. Am ersten Tag unserer Urlaubswoche stürzte unser Sohn auf einem Spielplatz. Mitten in einer Stadt, in der wir uns nicht auskannten, ohne Auto. Also trug mein Mann unseren Sohn zur U-Bahn Station und wir gingen zum nächstbesten Krankenhaus. Nein, dort können sie unseren Sohn nicht behandeln. Wir sollten wieder zurück in die Innenstadt, ins Kinderkrankenhaus. Also wieder hinaus in die drückende Hitze, mein Mann unseren Sohn auf den Armen. Endlich kamen wir völlig verschwitzt bei der Notaufnahme an und wussten nach fast 4 Stunden Wartezeit: Ellenbogenbruch.

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Die Nacht darauf war nicht gut. Unser Sohn hatte Schmerzen, kam mit dem Gips nicht zurecht. Völlig übermüdet wachten wir am nächsten Morgen auf. Was für ein Start in einen herbeigesehnten Urlaub! Wir versuchten optimistisch zu bleiben und das Beste zu erwarten. In der darauffolgenden Nacht übergab sich unsere Tochter. Am dritten Urlaubstag wusch ich den ganzen Tag Bettwäsche. Unsere zweite Tochter lag im Bett mit Magenkrämpfen. In mir regte sich Unmut. Anklage gegenüber Gott. Das soll unsere wohlverdiente Auszeit sein? Kannst du das nicht besser, Gott?

Unsere Urlaubswoche ging so weiter. Nachts viel Weinen, Trotzanfälle unseres Sohnes, der sich mit dem Gipsarm allzu sehr eingeschränkt fühlt. Schlecht gelaunte Kinder. Genervte, müde Eltern. Alles ging den Bach runter.

Karfreitag – Tag der Hoffnung

Und dann war Karfreitag. In mir war keine Andacht. Keine Ruhe. Wie sehr wollte ich mit den Kindern dieses Ostern ganz bewusst erleben. In die Tiefe gehen. Zeit zum Lieder singen, Bibelstellen lesen. Beten. Nichts da.

Weil sich unsere ganzen Pläne verschoben haben, sind wir an Karfreitag in den Zoo gegangen – die Idee hatten mit uns gefühlt 10 000 andere Menschen. Es war voll, laut, die Tiergehege kaum zugänglich. Ich erinnerte mich an ähnliche Situationen vor ungefähr einem halben Jahr. Da konnte ich Menschenmassen nicht aushalten. Da brach in mir die schiere Panik aus, wenn es  um mich herum laut war und ich nicht einfach weggehen konnte. Da hätte ich so einen Tag im Zoo nie und nimmer geschafft. Aber dieses Mal funktionierte es. Ich blieb innerlich ruhig. Ich konnte mich auf die Kinder konzentrieren. Ein kleines, großes Wunder. Auferstehungskraft in mir. Ich konnte erkennen: Gott hat an und in mir gearbeitet in den letzten Wochen und Monaten. Ich bleibe nicht am selben Fleck stehen, es tut sich etwas, ich gehe vorwärts. Halleluja! Und so erfüllte sich mein Herz an diesem kühlen Karfreitag im überfüllten Zoo mit Lobpreis. Herr, du bist gut zu mir. Du stehst zu deinen Verheißungen. Danke, dass du für mich am Kreuz gestorben bist, dass ich Leben in Fülle haben kann. Danke, dass du die Angst besiegt hast. 

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Trotz allem

Ich schaue auf diese verkorkste Urlaubswoche zurück. Habe ich die Ruhe gefunden, nach der ich mich so gesehnt habe? Nein. Habe ich neue Kräfte für den Alltag getankt? Nicht wirklich. Ist mir Jesus begegnet? Ja.

In allem Schwierigen, in allem Frustrierenden, in allem so Sinnlosen. Armbruch im Urlaub. Magen-Darm. Zahllose Trotzanfälle. Jesus war da.

Meine Tochter drückte mir gestern eine fast verwelkte Blume in die Hand. An einem Stiel mindestens 20 klitzekleine, tiefblaue Blüten. Auf den winzigen Blütenblättern noch verschiedene Schattierungen. Atemberaubend schön. Meine Tochter fand die Blume auf den Boden liegen, im Staub.

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Und so ist das mit meinem Leben auch oft. Ich liege im Staub, fühle mich übergangen, nicht gesehen, bräuchte so dringend eine Vase mit frischem Wasser. Der Herr sieht mich und hebt mich auf. Er gibt mir zu trinken. Er richtet meinen Blick auf die Wahrheit. Mein Leben ist gerade eine kleine, mittlere oder große Katastrophe? Jesus hat am Kreuz gesiegt und nichts, was ich gerade durchmache, hat er nicht schon vor mir getragen.

Meine Lasten werden tragbar, weil sie schon auf seinen Schultern lagen.

Morgen werde ich mit gemischten Gefühlen die Koffer packen. Der Alltag wartet schon mit neuen Herausforderungen, denen ich mich nicht gewachsen fühle. Aber in mir klingt das Lied aus dem Ostergottesdienst von heute morgen nach: ‚Vollbracht, vollbracht! Es ist vollbracht. Der Weg ist jetzt frei in deine Gegenwart.‘

Das ist was zählt. Seine Gegenwart in meinem Jetzt. In meiner Traurigkeit, meiner Müdigkeit. Sein Sieg in meinem Unvermögen, meiner Wut. Sein Ja in meinen Unmöglichkeiten, in meiner Begrenztheit. Sein Leben in meinen Enttäuschungen, meinem Versagen. Jesus ist alles, was zählt. Hätte ich ihn nicht, wäre alles ein Scherbenhaufen. Er macht alles neu und kann selbst so eine schief gegangene Woche in Segen verwandeln.

Daran halte ich mich fest, wenn es morgen wieder nach Hause geht.

Osterfreude inmitten von Verzagtheit. Auferstehungskraft in meiner Schwachheit.

Am Ende der Karwochen unseres Lebens steht immer das leere Grab, erklingt immer Osterjubel.

Alle Bilder Copyright Inka Hammond

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Ein kleines Lebenszeichen

Ja, mich gibt es noch! Ich bin nicht im Alltagschaos verloren gegangen, obwohl es sich immer mal so anfühlt. Ich weiß auch nicht, warum meine Kinder den ganzen Winter über quietsch gesund waren, nur um jetzt alle möglichen Erkältungsvarianten nachzuholen. Jetzt wo Frühling ist. Na ja.

Mein Mann ist jetzt seit dem 1. März GebetshausMissionar im Gebetshaus Augsburg und das hat für uns als Familie einiges an Veränderung mit sich gebracht. Nicht nur, dass wir jetzt von Spenden leben, der ganze Rhythmus ist anders, Papa ist öfters Zuhause (was wir alle sehr genießen) und wir lernen viele liebe neue Menschen kennen und unser Herz wird immer größer für Jesus und wir brennen mehr und mehr für das 24 Stundengebet. Alles in allem hat sich der Wechsel jetzt schon gelohnt und wir staunen darüber, wie treu Gott uns versorgt.

Ich versuche nicht allzu neidisch zu sein, wenn mein Mann von den tollen, tiefgehenden Erfahrungen im Gebetsraum erzählt und ich ihm dann von meinen Highlights (der Kleine hat Durchfall, Wasserhahn funktioniert nicht usw). Darüber habe ich gerade einen Blogpost auf unserem Familienblog geschrieben. Wenn du magst, schau doch da mal vorbei!

Nachdem mein letzter Post über die Liebe war und dass ich es mir als Ziel gesetzt habe, die ‚Liebe‘ zu fördern und ihr helfen in unserer Familie zu wachsen, war ich die letzten Wochen sehr frustriert. Als hätten meine Kinder sich verabredet, jetzt genau das Gegenteil zu machen, von dem was Mama gerne hätte. So  viel Geschrei und Gezanke hatten wir schon lange nicht mehr! Irgendwie scheinen meine Ideen, wie wir uns mehr Liebe zeigen können, ungehört zu verhallen. Mal schauen, wie ich das jetzt wieder auf die Reihe kriege.

Ostern steht vor der Tür und wie jedes Jahr, fehlt mir die innere Andacht. Jedes Jahr möchte ich mich in Jesus reindenken, ihm innerlich nachgehen, überlegen, was dieser Einzug in Jerusalem, die Nacht im Garten Gethsemane für ihn wirklich bedeutet haben…statt dessen kaufe ich Ostereier bei Aldi und verspüre keine Lust ein Ostersonntagsessen zu planen. Ich bete, dass Jesus in dieser Woche noch zu mir durch bricht und mein Herz öffnet für die tiefe, tiefe Bedeutsamkeit dieser Tage.

Gott arbeitet gerade an vielen Baustellen in mir – vielleicht ein anderes mal mehr dazu. Was ich euch Mamas und Papas echt ans Herz legen möchte, ist dieses Buch: ‚Die Decke des Schweigens‘. Es geht in diesem Buch hauptsächlich um die Nazivergangenheit unserer Familien und wie die Sünden unserer Vorväter uns heute als dritte oder vierte Generation noch belasten können – ohne dass wir das bewusst wahrnehmen oder damit in Verbindung bringen. Ich glaube, dass wir als Deutsche trotz aller arte Dokumentationen noch viel aufzuarbeiten haben – besonders im persönlichen, familiären Bereich. Da wird noch viel zu viel geschwiegen und wir dürfen durch die Gnade Gottes das Schweigen durchbrechen und Heilung finden. Vielleicht spricht das den einen oder anderen an und ihr fangt an dieses Buch zu lesen. Selbst wenn man nicht betroffen ist, öffnet dieses Buch einem die Augen für die geistliche Situation unseres Landes. Sehr empfehlenswert!

Soviel erstmal. Jetzt darf ich einen Obstteller herrichten. Meine Kinder waren so geduldig und haben mich das hier tippen lassen. Vielleicht wächst die Liebe ja doch bei uns…ganz, ganz langsam.

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Auferstehungskraft

Ich versuche mir vorzustellen, wie es damals war: eine wahnsinnige Trauer hatte die Freunde und Nachfolger von Jesus erfasst. Sie hatten so große Hoffnungen gehegt, dass dieser Jesus ihr Messias ist, der das jüdische Volk endlich von Unterdrückung und Leid befreit, sie haben ihm jahrelang zugehört, wie dieser Zimmermann ihnen die heiligen Schriften erklärte – besser als jeder andere Gelehrte -, sie haben ihn beobachtet, wie er tote Menschen wieder lebendig machte, Blinde sehend, die blutende Frau heilte…und jetzt hatten sie dieses schreckliche Bild vom gekreuzigten, blutenden Jesus im Kopf.  Was für eine Niederlage! Was für eine Enttäuschung! Der vermeintliche Heilsbringer…der lang ersehnte Messias, abgeschlachtet, verspottet, verhöhnt…’König der Juden‘. Wie konnten sie sich nur so irren. Ich stelle mir vor, dass die Freunde Jesu sich die Haare rauften, sich die Kleider zerissen, den Kopf verzweifelt hin und her schüttelten, weinten und klagten….denn mit Jesus ist auch ihre Hoffnung gestorben. Sie sperrten sich in ein Haus in Jerusalem ein, die Angst ging herum, dass sie die nächsten sein könnten, die umgebracht werden. Sie sperrten sich ein und jammerten und klagten und waren am Ende.
Doch hat nicht Jesus sie auf diese Zeit des Leidens vorbereitet und auch davon gesprochen, dass er nach drei Tagen wieder auferstehen würde? (Lukas 24,7) Die Pharisäer zumindest erinnerten sich daran und beantragten deshalb bei Pilatus Wachen, die das Grab hüten sollten, dass der Leichnam Jesu nur ja nicht urplötzlich verschwinden würde! (Matthäus 27,63). Die Pharisäer hatten wohl besser zugehört, als die engsten Freunde von Jesus – denn die schienen sich gar nicht mit der Möglichkeit auseinanderzusetzen, dass Jesus das Grab wieder verlassen könnte.
Ich kenne das Happy End der Ostergeschichte und schüttel den Kopf über so wenig Zuversicht und Vertrauen… aber ich weiß auch, ich verhalte mich nicht anders als die Jünger damals. Die Zusagen, die Jesus mir gibt, zählen oft nicht viel. Ich kann nicht dran glauben, weil die Umstände oft so ganz anders sind. Alles scheint gegen ein Eingreifen Gottes zu sprechen. Ich glaube nur das was ich sehe, was ich erklären kann…dabei ist Glauben doch ‚die Überzeugung, dass das was man nicht sieht, existiert.‘ (Hebräer 11,1). Und als der auferstandene Jesus dem zweifelnden Thomas erscheint, der unbedingt mit eigenen Augen sehen wollte, dass Jesus tatsächlich von den Toten auferstanden ist, da sagt Jesus: ‚Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Gesegnet sind die, die mich nicht sehen und dennoch glauben.‘ (Johannes 20,29)

Aber so sind wir Menschen: Wir wagen es nicht unser Leben, unsere Umstände von himmlischer Perspektive aus zu betrachten. Wunder zu erwarten! Nein, wir müssen erst einmal alles rational durchdenken, die menschlichen Möglichkeiten durchgehen und dann vielleicht, eventuell uns auf etwas Übernatürliches einzulassen…
Es ist erstaunlich, wie viel Geduld Jesus nach seiner Auferstehung mit seinen allerengsten Freunden haben muss. Die Jünger auf dem Weg nach Emmaus, die sich stundenlang mit ihm unterhalten und ihn erst erkennen, als er das Brot bricht. Der zweifelnde Thomas. Die Jünger in Jerusalem, die Angst haben, Jesus sei ein Geist. Jesus hat die Messlatte sowieso schon nicht hoch gesetzt…Glaube so klein wie ein Senfkorn, kann schon Berge versetzen. (Lukas 17,6) Aber Senfkorngröße muss schon drin sein: ganz ohne Glauben geht es nun mal nicht. Jesus lässt sich nicht erklären, die Auferstehung lässt sich nicht erklären. Ostern ist für Historiker und Wissenschaftler ein Rätsel in der Weltgeschichte. Niemals zuvor und niemals seitdem ist so etwas nochmal geschehen. Einmalig, einzigartig, unerklärlich. Von unserer Perspektive, mit dem Neuen Testament im Bücherregal, mag es uns befremdlich erscheinen, dass die Jünger so blind waren. Dass sie Jesus nicht mehr Vertrauen entgegengebracht haben. Dass sie klagten, als wäre alle Hoffnung mit Jesus gestorben. Aber verhalten wir uns heute anders? Was für eine Bedeutung hat Ostern, die Auferstehung, heute in meinem Leben? Verändert mich die Tatsache, dass Jesus sein Wort gehalten hat und nicht bei den Toten geblieben ist? Was bedeutet es für mich in meinem Alltag, dass mein Gott lebt?
Ich klage und weine oft genauso wie die Jünger, die alle Hoffnung verloren haben. Ich trauere, wie die, die keine Hoffnung kennen. Ich verhalte mich so, als wäre Jesus im Grab geblieben. Ich vergesse, dass an Ostern eine Kraft freigesetzt wurde, die heute in mir  – als Nachfolgerin Jesu – lebt und wirkt:
‚Ich bete, dass ihr erkennen könnt, wie übermächtig groß seine Kraft ist, mit der er in uns, die wir an ihn glauben, wirkt. Es ist dieselbe gewaltige Kraft, d
ie auch Christus von den Toten auferweckt und ihm den Ehrenplatz an Gottes rechter Seite im Himmel gegeben  hat.‘ (Epheser 1,19)
Das muss man sich mal bewusst machen: haargenau dieselbe Kraft, die Jesus aus dem Grab holte, ist am Wirken in mir. Das ist eine unvergleichlich gewaltige Kraft und wenn ich nur an der Oberfläche dieser Kraft kratzen würde, könnte ich in Dimensionen des Glaubens eintauchen, die man gar nicht in Worte fassen kann. Unsere Nachfolge von Jesus ist mehr, als eine Ostereiersuche.  Du kannst Jesus in der Bibel studieren, jeden Sonntag in die Kirche gehen, deinen Kindern das Abendgebet beibringen…wenn die Auferstehungskraft nicht in dir wirkt, wenn du es verpasst, im Glauben zu wachsen, dann verpasst du das Entscheidende. Das, was dich und dein Leben wirklich verändern kann.
Ich habe an diesem Osterfest eine tiefe Sehnsucht nach mehr von dieser Auferstehungskraft in mir. Ich will in tiefere Dimensionen des Glaubens eintauchen. Ich will mehr von Jesus, ich will mehr in meinem Leben, das ich vom menschlichen Standpunkt aus nicht erklären kann. Ich will Zeichen und Wunder erleben! Ich will voller Vertrauen, wie ein Kind, aus dem Vollen schöpfen. Ich will mich fallen lassen in die liebenden Vaterhände, loslassen, empfangen.  Ich will Jesus begegnen, dem Gekreuzigten, dem Auferstandenen…ich will mich von dieser gewaltigen Auferstehungskraft verändern lassen, mich hinziehen lassen zu ihm…
Ostern soll  nicht nur ein Feiertag in meinem Jahreskalender sein, sondern ein Meilenstein in meinem Glaubensleben.

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Was von Ostern bleibt

Wir haben dieses Jahr als Familie unseren eigenen Familiengottesdienst an Ostern gehalten, um unsere Kinder ein bisschen da abzuholen, wo sie stehen. Das hieß: Den Ostertext aus der Kinderbibel lesen und dann unsere beiden Großen spielen lassen, wie Maria vom leeren Grab zurückkommt und Petrus davon überzeugen will, dass Jesus auferstanden ist. Petrus stocherte derweil völlig gelangweilt mit einem Dolch im Fischernetz, ließ sich dann doch überreden, mit zum Grab zu kommen, das sich hinter der Palme im Wohnzimmer verbarg, um dort etwas überraschend in völlige Begeisterung auszubrechen: „Cool, ey!!“ Danach haben wir in unserem Ostergarten das Grab geöffnet und Blumen davor gestellt. Schließlich durfte jeder malen, was ihm an Ostern wichtig ist. Tobias fing erst mit einem Osterei an, spickte dann bei uns, malte drei Kreuze in das Ei und immer weiter, um dann am Ende erstaunt festzustellen: „Irgendwie hatte ich erst ein Ei, aber jetzt ist das Ei ganz von selbst verschwunden und nur noch die Kreuze und das helle Licht dahinter.“ Anna garnierte ihr Kreuz mit ein paar Herzen, „weil Gott uns lieb hat“. Und ich dachte mir, dass damit eigentlich alles Wesentliche zu Ostern gesagt war. Wenn sie das mit ins Leben nehmen, können sie nicht mehr verlieren. Ostereier gab es dann natürlich auch zu suchen und zu finden – allerdings sind die eine Woche nach Ostern schon fast aufgegessen. Der Rest aber bleibt hoffentlich.

(Annette)

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