Angst

Bruchstücke

2016 war ein sehr schwieriges Jahr für mich. Mich quälten Panikattacken, Angstzustände, depressive Gedanken. Ich habe eine Traumatherapie begonnen und so arbeite ich nun Stück für Stück an meiner kranken Seele. Trage Stein für Stein den großen Berg ab, der sich in meinem Herzen angehäuft hat. Das ist ein schmerzhafter, anstrengender Prozess. Mein Mann hat mich gestern Abend gefragt, was mein Highlight im vergangenen Jahr war. Ich musste lange nachdenken. Es gab viele schöne Momente, aber alle waren überschattet von meinem Kampf gegen die Angst. Aber: es gab schöne Momente. Jeder schöne Moment konnte entstehen, weil ich mich bewusst dazu entschlossen hatte. Ich stieg in die Seilbahngondel, ich hielt die Enge in der U-Bahn aus, ich konzentrierte mich auf mein Atmen in der Menschenmenge. Es war ein anstrengendes Jahr. Aber ich habe nicht klein beigegeben und beharrlich das Schöne gesucht.

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Vor ein paar Wochen habe ich eine sehr ermutigende Predigt gehört. Es ging über die Phasen im Leben, wo wir im Feuerofen sind. Wo unser Glaube getestet wird. Wo die Umstände schlimm sind. Wo wir das Gefühl haben, es keine Sekunde länger aushalten zu können. Im Buch Daniel (Kapitel 3) wird beschrieben, wie Daniels Freunde in den Feuerofen geworfen werden, weil sie sich weigerten König Nebukadnezar anzubeten. Das Feuer war so heiß, dass die Wachen, die die drei Männer in das Feuer schmeißen sollten, umkamen. Schadrach, Meschach und Abed-Nego aber überlebten das Feuer. Das Einzige, das verbrannte, waren ihre Fesseln. Und sie waren im Feuer nicht allein: Jesus war bei ihnen. Und so ist das bei mir. Weil ich weiß, dass Jesus bei mir ist, kann ich dieses Feuer aushalten. Das Einzige, was verbrennt, sind meine Fesseln. Ich weiß, dass ich aus diesem Feuer lebend herauskommen werde, bestärkt in meinem Glauben, tiefer verwurzelt in meiner Liebe zu Jesus. Ja, soll das Feuer nur wüten – mein Herr ist bei mir!

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Und so gehe ich mit etwas wackeligen Beinen in das neue Jahr. Noch nie war mir so sehr bewusst, dass ich Jesus so sehr brauche. Jeden Tag. Aber das ist okay, denn genau da will ich sein: in der totalen Abhängigkeit. Heute morgen hatte ich die Gelegenheit im Gebetsraum des Gebetshauses Augsburg zu sein. Ich bin so dankbar für diese Zeit, denn gibt es etwas besseres, als ein neues Jahr zu den Füßen Jesu zu beginnen? Der Livestream vom Gebetshaus in Kansas City lief im Hintergrund. Kurz bevor ich gehen wollte, wurde dieser Refrain gesungen: ‚You choose the weak to shame the wise, you fill the broken with praise.‘ (Du erwählst das Schwache um das Starke zu beschämen, du erfüllst die Zerbrochenen mit Lobpreis.). So gehe ich in das neue Jahr: schwach, aber stark durch Jesus, zerbrochen, aber voller Lob für meinen Gott.

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Und weil ich gerade über Zerbruch schreibe, möchte ich euch davon erzählen, wie Gott aus den Bruchstücken unseres Lebens Neues schaffen kann: mein Mann war jahrelang süchtig nach Pornographie. Schon lange bevor wir uns kennen lernten, war er abhängig. Irgendwann hat er mir davon erzählt, ich weiß gar nicht mehr, ob das vor oder nach unserer Hochzeit war und mir war damals auch nicht bewusst, wie tief er in diesem Sumpf steckte. Im Laufe unserer Ehe beichtete er mir immer wieder mal, das er sich etwas angesehen hatte. Ab und zu stolperte ich über ein Bild, das auf unserem Computer gespeichert war. Jedesmal war das für mich extrem schwierig, ich fühlte mich betrogen. Es dauerte immer eine Weile, bis das Vertrauen wieder hergestellt war. Aber im Großen und Ganzen war ich davon überzeugt, dass mein Mann das im Griff hat. Er ist der standfestere von uns beiden, der geerdete, der ruhige, der Besonnene. Ich machte mir keine große Gedanken. Was ich nicht ahnte, war, dass mein Mann ein Doppelleben führte. Er konsumierte mehr und mehr Pornographie und bekam schließlich Angst um unsere Ehe, Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren. Und, Gott sei Dank!, zog er die Notbremse und fing an radikal gegen seine Sucht anzugehen. Jesus setzte ihn nach vielen Kämpfen frei und nun hat er mit anderen Männern, die ebenfalls frei von Pornographie wurden, einen Verein gegründet: www.free-indeed.de. Die Webseite ist seit ein paar Tagen online und ab heute kann man sich für einen Onlinekurs anmelden.

Die Sucht nach Pornographie ist weiter verbreitet, als man denkt. Laut einer Studie des weißen Kreuzes, konsumieren 2 von 3 christlichen Männern regelmäßig Pornographie. Auch Frauen sind vermehrt von dieser Sucht betroffen. Pornographie ist eine Droge, die alles lähmt und alles zerstört. Mein Mann und ich beten, dass christliche Männer in Deutschland da nicht länger mitmachen. Wir beten, dass das Thema immer mehr in den Mittelpunkt rückt und so Ehen gerettet werden können. Wir beten, dass Männer frei werden, dass sie in ihre Berufung hineinkommen, dass sie ihre Ehefrauen so lieben können, wie Gott es sich gedacht hat – in Reinheit und mit ganzer Hingabe. Wir beten und glauben, dass Gott Männer ruft in ihre wahre Identität zu kommen, dass Kämpfer und Helden erwachen und die Welt verändern.

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Bruchstücke. Vielleicht stehst du auch am Anfang dieses neuen Jahres und hast lauter Scherben in den Händen. Ich will dir von Herzen Mut machen. Ich staune so sehr, wie Gott die Bruchstücke, die die Sucht im Leben meines Mannes hinterlassen hat, genommen hat und nun diese Plattform geschaffen hat, die tausenden von Männern helfen kann, frei zu werden. Einfach nur, weil mein Mann und seine Freunde damals alles Gott hingegeben haben und mutig genug waren, zu ihrer Schwachheit zu stehen. Und da stehe ich auch – einfach nur schwach und zerbrochen, aber mit Hoffnung erfüllt, dass mein Gott alles gut machen wird und dass er einen Plan hat, der meine kühnsten Träume übertrifft. Das gilt auch für dich!

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Der Herr macht alles neu.

Alle Fotos von Inka Hammond

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Sorgenwellen

Wo fange ich an…?! Silvester. Einen Tag vor Silvester hat man bei mir in der Schilddrüse einen Knoten entdeckt. Sofort wurde ein Termin beim Radiologen ausgemacht zur Punktion, um festzustellen, ob es sich um gut- oder bösartiges Gewebe handelt. Einmal musste ich diesen Termin verschieben, weil unser Jüngster arges Fieber gekriegt hatte und Vorgestern sass ich dann in dieser Praxis und mir wurde plötzlich ganz mulmig zumute. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich es ganz gut geschafft, meine Sorgen und Gedanken über diesen Knoten bei Jesus abzulegen.

In diesem Wartezimmer aber fingen die Sorgen an zu wachsen. Der Arzt punktierte meine Schilddrüse und es tat weh, obwohl mir versichert worden ist, dass ich nur den Einstich spüren würde. Sorry, aber nochmal muss ich das nicht machen! Danach fingen sofort die Schmerzen an und diese Zyste ‚blutete ein‘, wurde dick. Jetzt hab ich vorne am Hals so einen Knubbel. Kein schönes Gefühl. Zuhause dann rief ich nochmal in der Praxis an, um mich zu vergewissern, ob das auch normal sei, dass man so eine Schwellung bekommt und Schmerzen hat. So wie ich das immer verstanden hatte, sollte man nach einer Punktion überhaupt keine Schmerzen haben. Der Arzt brachte mir nicht gerade schonend bei, dass ich mich bitte sofort ins Krankenhaus begeben soll, wenn die Schmerzen nicht besser werden. Er warnte mich, dass mein Kreislauf jetzt ganz schnell kippen kann und ich auf keinen Fall alleine zu Hause sein darf. Na, super. Ehemann eineinhalb Stunden entfernt auf Arbeit. Keine Großeltern in der Nähe. Alle Freundinnen selber alleine zu Hause mit kleinen Kindern. Nachbarn nicht da.

Irgendwas passierte da in mir. Irgendwas krachte ein wie ein Kartenhaus. Irgendwie waren die Sorgen plötzlich meterhoch um mich aufgetürmt. Nachdem ich mit meinem Mann telefoniert hatte und er sich sofort auf den Weg machte, fing ich an mit Übelkeit zu kämpfen. Ich fand das eh schon eklig, dass mir da im Hals herumgestochert wurde und der Gedanke daran schnürte mir den Magen zu. Mein Kreislauf begann zu spinnen und ich hatte plötzlich riesige Angst, vor den Kindern umzukippen. Mit ganz viel Kraft versuchte ich mich zusammenzureißen. Als mein Mann dann da war wollte ich innerlich zur Ruhe kommen und abschalten. Aber das funktionierte nicht. Die Gedanken und Sorgen fuhren in meinem Kopf Achterbahn und ich hab nicht mehr klar denken können. Am Abend dann bin ich tatsächlich fast in Ohnmacht gefallen und wurde schließlich ins Krankenhaus gebracht.

Das alles ist gestern, am Dienstag, passiert. Am Montag war die Welt noch in Ordnung. Ich war so happy über die Entwicklung der Alltagsliebe Facebookseite (62 ‚Gefällt mir‘ Angaben – das nur so am Rande ;-)), ich freute mich, dass der HNO Arzt Lilli bescheinigt hatte, dass nach der Polypen OP alles gut verheilt ist. Am Montag ruhte ich in mir. Dienstag hat das alles durcheinander gebracht. Irgendwie ist gerade nichts mehr so wie es vorher war.

Das macht mich unsicher. Ich warte auf dieses Ergebnis von der Punktion. Hoffentlich ist alles nur halb so schlimm. Was aber, wenn…?! Und was, wenn mein Kreislauf nicht wieder stabil wird? Und was, wenn die Schmerzen in der Schilddrüse nicht nachlassen? Vielleicht hat der Arzt da etwas verletzt? Kriegen die Kinder viel von meiner Angst und Unsicherheit mit? Belastet sie das? Oh, wenn doch nur wieder Montag wäre.

Heute war Mittwoch. Heute habe ich etwas gelernt. Beziehungsweise wusste ich es schon, aber in solchen Situationen, wo einem das Wasser über dem Kopf zusammenschlägt und man sinkt und sinkt und keinen Halt unter den Füßen findet, da zählt nur eines: SCHAU AUF JESUS! So wie Petrus. Der hatte Mut und stieg aus dem Boot um Jesus auf dem Wasser entgegen zu gehen. Die ersten paar Schritte waren okay. Und dann machte Petrus einen folgenschweren Fehler: er sah auf die Wellen. Und er fing an zu sinken. Das hab ich am Dienstag gemacht: ich hab auf all die Sorgenwellen um mich herum gesehen. Und ich bin gesunken. Heute am Mittwoch war mir klar: ich muss mich entscheiden. Ich kann weiter sinken, oder ich mach es wie Petrus und SCHREIE: ‚Herr, rette mich!‘

‚Sofort streckte Jesus ihm die Hand hin und hielt ihn fest.‘ (Matth. 14, 31). Ich liebe diesen Satz. Und so habe ich das heute auch erlebt. Wenn wir versinken in unseren Sorgen und Ängsten und uns dazu entschließen, ‚Rette mich, Herr‘ zu schreien, dann ist Jesus SOFORT da und HÄLT UNS FEST.

Der Mittwoch ist nun fast vorbei. Jesus hat mich heute fest gehalten. Es geht mir immer noch nicht wirklich gut, aber ich bin gehalten. Ich habe immer noch Bauchweh, wenn ich an das Ergebnis der Punktion denke, aber ich bin gehalten. Ich sinke nicht ins Unendliche, ich bin gehalten.

Es war für mich heute ein richtiger Kampf meinen Blick auf Jesus zu richten und ihn auch dort zu lassen. Nicht auf die Wellen zu schielen, die nach wie vor um mich herum toben. An der biblischen Geschichte finde ich interessant, dass Jesus den Sturm weiter wehen ließ und erst als er und Petrus wieder im sicheren Boot waren, legte sich der Wind. Petrus musste trotzdem auf dem wackeligen Wasser weitergehen, trotz seiner Angst.

Aber an der Hand von Jesus hat er sein Ziel erreicht, trotz aller Sorgenwellen.

 

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Die Spinne im Hausflur

Ich ekel‘ mich vor Spinnen. Wenn ich eine Spinne sehe, bekomme ich feuchte Hände, Gänsehaut und einen Kloß im Hals. Der erste Instinkt, der mich überkommt, ist ‚wegrennen‘ und ‚laut um Hilfe schreien‘,  was ich in aller Regel auch tue.

Letzte Woche war ich für eine Nacht alleine Zuhause. Mein Mann war geschäftlich unterwegs. Ich war im ersten Stock und hörte unten im Wohnzimmer das Telefon klingeln. Erfreut sprang ich vom Schreibtisch auf, denn ich war mir sicher, dass mein Mann mich anruft. Ich rannte in den Flur, Richtung Treppe, als ich schreckerstarrt stehen blieb. Eine große Spinne saß mitten im Flur und versperrt mir den Weg. Ich reagierte, wie sonst auch immer: mit einem Schrei und Wegrennen – in diesem Fall zurück zum Schreibtisch. Das Telefon klingelte weiter, bis irgendwann der AB ranging und ich meinen Mann eine Nachricht hinterlassen hörte. Mein Herz schlug schnell und ich suchte fieberhaft nach einer Lösung. Denn das zweite große Problem, das ich mit Spinnen habe, ist: ich kann sie nicht beseitigen, sprich Erschlagen. Zum Erschlagen müsste ich viel zu nahe an sie ran und allein der Gedanke, das irgendein Objekt, das ich in Händen halte, an die Spinne mit genügend Schmackes ran muss, um sie zu erledigen, das ist zu viel für meine spinnenphobiegeschwächten Nerven. Aber was blieb mir nun anderes übrig?

Ich schlich mich hoch zu den großen Mädchen ins Zimmer, weil ich wusste, dass da immer eine Fliegenklatsche liegt. Mit der Fliegenklatsche in der Hand ging ich langsam zurück und schaute vorsichtig um die Ecke und …  ja da saß sie, schwarz und eckelhaft, mit diesen komischen, angewinkelten Beinen und dem dicken Körper. Es schüttelte mich. Trotzdem versuchte ich mich zusammen zunehmen. Denn die Spinne saß nicht nur zwischen mir und der Treppe, sondern auch zwischen mir und meiner jüngsten Tochter, die irgendwann in der Nacht mindestens einmal nach mir ruft und spätestens dann muss die Spinne weg sein. Ich zählte bis drei. Und gleich nochmal. Tief durchatmen – JETZT!! Nein, ich trat wieder den Rückzug an. Am Schreibtisch schrieb ich in den Tränen nahe meinem Mann eine Notfallemail. ‚Ich schaff das nicht! Kannst du irgendwie nach Hause kommen? Was soll ich nur tun?‘

Als ich wieder vorsichtig zurück in den Flur schaute, war die Spinne weg. Das war zwar im ersten Moment ein schöner Anblick, aber dann wurde mir klar: jetzt ist die Spinne im Bad (und ich musste noch Zähne putzen), oder schlimmer noch: in meinem Schlafzimmer! Unsichtbar erschien mir die Spinne noch größer!  Ich ging wie ein Dieb auf Zehenspitzen ins Badezimmer, die Fliegenklatsche vor mir herhaltend wie ein Schwert. Die Spinne hatte sich in Luft aufgelöst und doch war ich mir ihrer Gegenwart mehr als bewusst. Ich putzte mir schnell die Zähne und legte mich ins Bett. Es wurde keine geruhsame Nacht.

Ich bin mir sicher, dass alle Menschen in ihrem Leben Spinnen haben, um die sie einen großen Bogen machen und die ihnen soviel Angst einjagen, dass sie sich bisweilen ein wenig dämlich benehmen. Wir alle haben Probleme, von denen wir uns wünschen, sie würden nicht existieren. Jeder weiß, wie es sich anfühlt, sich vor etwas zu drücken und dann das Gefühl zu haben, feige davongelaufen zu sein. EIn nicht gelöstes Problem, das immer nur ignoriert oder vor sich hergeschoben wird, wird größer und größer.

Was habe ich von der Spinne im Flur gelernt? Zum einen werde ich mir auf alle Fälle Insektenspray kaufen. Eins, dass man von 5 m Entfernung sprühen kann. Und: ich muss mich meinen Problemen stellen und darf nicht davonlaufen, oder – wie in meinem Falle  – das Problem davonlaufen lassen. Ich muss den Mut haben, mich der Spinne in meinem Leben zu stellen und sie, wenn nötig, zu beseitigen.

P.S. Mein Mann kam am nächsten Tag nach Hause und hat den Flur und das Badezimmer akribisch nach der Spinne abgesucht. Nichts. Heute als ich das Bad aufräumen wollte, lief sie mir doch tatsächlich fast über die Füße. Wieder habe ich geschrieen und bin weggelaufen. Gott sei Dank kam meine Haushaltshilfe eine Stunde später und hat die Spinne erledigt. Endlich. Da kann man gleich noch etwas lernen: es ist nie verkehrt sich bei der Lösung eines Problems helfen zu lassen.

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