Auswendiglernen

Ein ‚Zauberspruch‘

Joela hatte in den letzten Wochen immer wieder von einem Mädchen in ihrer Klasse erzählt, das anscheinend recht hochnäsig und anderen gegenüber unfair daherkommt.  Joela hatte besonders unter ihr zu leiden.
Am vergangenen Montag durften alle Kinder gesammelte ‚Herbstschätze‘ mitbringen – Kastanien, Blätter, Tannenzapfen usw. Dieses Mädchen hatte eine besonders beeindruckende Sammlung dabei und Joela erzählte mir am Mittag: ‚Ich hab ihr gesagt, dass sie die schönste Herbstsammlung hat. Und Mama, das war wie ein Zauberspruch. Mit einem Mal war sie freundlich zu mir!‘

Ich hab mich riesig für Joela gefreut und mir fiel dann auch gleich ein Vers ein, den wir vor kurzem zusammen auswendig gelernt haben: ‚Eine freundliche Antwort vertreibt den Zorn.‘ Sprüche 15,1 Als ich Joela an diese Worte erinnerte und sie merkte, dass Gottes Wort tatsächlich wahr ist und wirkt, da grinste sie wie ein Honigkuchenpferd. Was für ein Erlebnis! Dieser Vers bekommt hoffentlich einen besonderen Platz in ihrem Herzen.

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Friedensstifter

In den letzten Tagen habe ich mit den Kindern ein paar Bibelverse auswendig gelernt. Einer davon war: ‚Selig sind die Friedensstifter, denn sie sollen Gottes Kinder heißen.‘ Matthäus 5,9. Wir haben das schön miteinander aufgesagt, eine Geschichte zu dem Thema gelesen und ich dachte: ‚Super, heute kommen sie bestimmt klasse miteinander aus!‘ Von wegen. Ein Streit reihte sich an den nächsten. Es wurde gehauen, gezwickt, gepetzt.  Ich habe mich entnervt gefragt, warum ich nur Bibelverse mit derartigem Inhalt meinen Kinder beibringe, wenn sie ja doch wie kleine Heiden daherkommen.

Vorgestern dann hat Lilian als Belohnung zwei Gummibärchen bekommen. Kaum hatte sie die in der Hand, kam Marit angewackelt und wollte natürlich auch welche haben. Ich war hin und her gerissen. Lilian hat die Gummibärchen bekommen, weil sie etwas Besonderes geleistet hatte und trotzdem wollte ich das Geschrei von Marit vermeiden. Ich habe meine Gedanken noch gar nicht zu Ende gedacht, da sagte Lilian von sich aus: ‚Da, Marit, ich geb dir ein Gummibärchen ab.‘ Dann sah meine Mittlere mich an und fragte strahlend: ‚War ich jetzt ein Friedensstifter?‘

Es ist wirklich so: Gottes Wort kommt nicht leer zurück (Jesaja 55,11). Ich pflanze den Samen in die Herzen meiner Kinder, indem wir Verse auswendig lernen und Gott hegt und pflegt den Samen im Verborgenen und durch seine Gnade darf ich erkennen, wie Sein Wort meine Kinder verändert. Es ist einfach atemberaubend das mitzuerleben.

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Der Schatz im Kopf

Diese Woche habe ich eine sehr alte Freundin auf der Palliativstation besucht. Sie kennt mich schon mein ganzes Leben lang und ist von meiner Relilehrerin in der Grundschule zu einer guten Freundin geworden. Nun ist sie schwer krank und wurde zur Einstellung ihrer Schmerzen auf die Palliativstation verlegt. Auf dem Nachttisch lagen ein paar Bücher, deshalb fragte ich sie, wie sie ihren Tag verbringe – mit Lesen? „Nein“, antwortete sie, „Lesen kann ich nicht, mir tun die Augen so weh. Ich kann gar nichts mehr lesen. Aber ich habe ja Gedanken.“ Mitgebracht hatte ich ihr nichts außer einer Karte mit einem Spruch, von dem ich dachte, dass er ihr in ihrer Situation vielleicht gefällt. Als ich am nächsten Tag nochmal vorbeischaute, berichtete sie ganz stolz: „Annette, Deinen Spruch habe ich schon auswendig gelernt!“ Zum einen, welche Mühe musste ihr das gemacht haben, da ihr das Lesen so schwer fällt. Und zum anderen fiel mir da wieder ein, dass sie schon immer Texte auswendig gelernt hatte. Liedtexte, Gebete, treffend formulierte einzelne Sätze. Sie hatte sich ihr Leben lang einen riesigen Schatz im Kopf angelegt, um den ich sie echt beneide. Denn nun kann sie von diesem Schatz zehren. Sie kann Bilder und Texte aufrufen, aus denen sie sich Kraft und Trost holen kann. Und wer sie sieht, staunt nur, mit wie viel Geduld sie erträgt, wie ihr Körper immer schwächer wird, wie ihr immer mehr genommen wird, wie sie immer mehr Leben loslassen muss. Wie es im Korintherbrief (2 Kor 4,16) heißt: „Wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.“

Ich nehme mir vor, mir auch einen Schatz anzulegen und mein Gehirn nicht nur mit den Lateinvokabeln meines Sohnes und dem Frühlingslied meiner Tochter zu füttern, sondern auch mit Sätzen und Gedanken, die ich in schweren Zeiten aufrufen und von denen ich dann zehren kann. So ein bisschen wie Frederick die Maus…

(Annette)

‚“Ich arbeite doch“, sagte Frederick, „ich sammle Sonnenstrahlen für die kalten dunklen Wintertage.“
Außerdem sammelte er noch Farben und Wörter – und als der Winter da war, die Vorräte fast aufgegessen und es kalt und dunkel wurde, da kann Frederick erzählen… von den Sonnenstrahlen und den Farben…‘

(Leo Lionni, Frederick)

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