Krankheit

Wenn alles schief läuft

Es sollte eine ruhige, erholsame, friedliche Woche werden. Viel Zeit für die Kinder. Zeit für meinen Mann. Zeit für mich. Ein Buch lesen, vielleicht sogar zwei. Innerlich wieder ruhig werden nach wochenlangem Stress.

Nichts, wie erhofft

So hatte ich mir das vorgestellt, aber es kam anders. Am ersten Tag unserer Urlaubswoche stürzte unser Sohn auf einem Spielplatz. Mitten in einer Stadt, in der wir uns nicht auskannten, ohne Auto. Also trug mein Mann unseren Sohn zur U-Bahn Station und wir gingen zum nächstbesten Krankenhaus. Nein, dort können sie unseren Sohn nicht behandeln. Wir sollten wieder zurück in die Innenstadt, ins Kinderkrankenhaus. Also wieder hinaus in die drückende Hitze, mein Mann unseren Sohn auf den Armen. Endlich kamen wir völlig verschwitzt bei der Notaufnahme an und wussten nach fast 4 Stunden Wartezeit: Ellenbogenbruch.

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Die Nacht darauf war nicht gut. Unser Sohn hatte Schmerzen, kam mit dem Gips nicht zurecht. Völlig übermüdet wachten wir am nächsten Morgen auf. Was für ein Start in einen herbeigesehnten Urlaub! Wir versuchten optimistisch zu bleiben und das Beste zu erwarten. In der darauffolgenden Nacht übergab sich unsere Tochter. Am dritten Urlaubstag wusch ich den ganzen Tag Bettwäsche. Unsere zweite Tochter lag im Bett mit Magenkrämpfen. In mir regte sich Unmut. Anklage gegenüber Gott. Das soll unsere wohlverdiente Auszeit sein? Kannst du das nicht besser, Gott?

Unsere Urlaubswoche ging so weiter. Nachts viel Weinen, Trotzanfälle unseres Sohnes, der sich mit dem Gipsarm allzu sehr eingeschränkt fühlt. Schlecht gelaunte Kinder. Genervte, müde Eltern. Alles ging den Bach runter.

Karfreitag – Tag der Hoffnung

Und dann war Karfreitag. In mir war keine Andacht. Keine Ruhe. Wie sehr wollte ich mit den Kindern dieses Ostern ganz bewusst erleben. In die Tiefe gehen. Zeit zum Lieder singen, Bibelstellen lesen. Beten. Nichts da.

Weil sich unsere ganzen Pläne verschoben haben, sind wir an Karfreitag in den Zoo gegangen – die Idee hatten mit uns gefühlt 10 000 andere Menschen. Es war voll, laut, die Tiergehege kaum zugänglich. Ich erinnerte mich an ähnliche Situationen vor ungefähr einem halben Jahr. Da konnte ich Menschenmassen nicht aushalten. Da brach in mir die schiere Panik aus, wenn es  um mich herum laut war und ich nicht einfach weggehen konnte. Da hätte ich so einen Tag im Zoo nie und nimmer geschafft. Aber dieses Mal funktionierte es. Ich blieb innerlich ruhig. Ich konnte mich auf die Kinder konzentrieren. Ein kleines, großes Wunder. Auferstehungskraft in mir. Ich konnte erkennen: Gott hat an und in mir gearbeitet in den letzten Wochen und Monaten. Ich bleibe nicht am selben Fleck stehen, es tut sich etwas, ich gehe vorwärts. Halleluja! Und so erfüllte sich mein Herz an diesem kühlen Karfreitag im überfüllten Zoo mit Lobpreis. Herr, du bist gut zu mir. Du stehst zu deinen Verheißungen. Danke, dass du für mich am Kreuz gestorben bist, dass ich Leben in Fülle haben kann. Danke, dass du die Angst besiegt hast. 

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Trotz allem

Ich schaue auf diese verkorkste Urlaubswoche zurück. Habe ich die Ruhe gefunden, nach der ich mich so gesehnt habe? Nein. Habe ich neue Kräfte für den Alltag getankt? Nicht wirklich. Ist mir Jesus begegnet? Ja.

In allem Schwierigen, in allem Frustrierenden, in allem so Sinnlosen. Armbruch im Urlaub. Magen-Darm. Zahllose Trotzanfälle. Jesus war da.

Meine Tochter drückte mir gestern eine fast verwelkte Blume in die Hand. An einem Stiel mindestens 20 klitzekleine, tiefblaue Blüten. Auf den winzigen Blütenblättern noch verschiedene Schattierungen. Atemberaubend schön. Meine Tochter fand die Blume auf den Boden liegen, im Staub.

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Und so ist das mit meinem Leben auch oft. Ich liege im Staub, fühle mich übergangen, nicht gesehen, bräuchte so dringend eine Vase mit frischem Wasser. Der Herr sieht mich und hebt mich auf. Er gibt mir zu trinken. Er richtet meinen Blick auf die Wahrheit. Mein Leben ist gerade eine kleine, mittlere oder große Katastrophe? Jesus hat am Kreuz gesiegt und nichts, was ich gerade durchmache, hat er nicht schon vor mir getragen.

Meine Lasten werden tragbar, weil sie schon auf seinen Schultern lagen.

Morgen werde ich mit gemischten Gefühlen die Koffer packen. Der Alltag wartet schon mit neuen Herausforderungen, denen ich mich nicht gewachsen fühle. Aber in mir klingt das Lied aus dem Ostergottesdienst von heute morgen nach: ‚Vollbracht, vollbracht! Es ist vollbracht. Der Weg ist jetzt frei in deine Gegenwart.‘

Das ist was zählt. Seine Gegenwart in meinem Jetzt. In meiner Traurigkeit, meiner Müdigkeit. Sein Sieg in meinem Unvermögen, meiner Wut. Sein Ja in meinen Unmöglichkeiten, in meiner Begrenztheit. Sein Leben in meinen Enttäuschungen, meinem Versagen. Jesus ist alles, was zählt. Hätte ich ihn nicht, wäre alles ein Scherbenhaufen. Er macht alles neu und kann selbst so eine schief gegangene Woche in Segen verwandeln.

Daran halte ich mich fest, wenn es morgen wieder nach Hause geht.

Osterfreude inmitten von Verzagtheit. Auferstehungskraft in meiner Schwachheit.

Am Ende der Karwochen unseres Lebens steht immer das leere Grab, erklingt immer Osterjubel.

Alle Bilder Copyright Inka Hammond

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Der Schatz im Kopf

Diese Woche habe ich eine sehr alte Freundin auf der Palliativstation besucht. Sie kennt mich schon mein ganzes Leben lang und ist von meiner Relilehrerin in der Grundschule zu einer guten Freundin geworden. Nun ist sie schwer krank und wurde zur Einstellung ihrer Schmerzen auf die Palliativstation verlegt. Auf dem Nachttisch lagen ein paar Bücher, deshalb fragte ich sie, wie sie ihren Tag verbringe – mit Lesen? „Nein“, antwortete sie, „Lesen kann ich nicht, mir tun die Augen so weh. Ich kann gar nichts mehr lesen. Aber ich habe ja Gedanken.“ Mitgebracht hatte ich ihr nichts außer einer Karte mit einem Spruch, von dem ich dachte, dass er ihr in ihrer Situation vielleicht gefällt. Als ich am nächsten Tag nochmal vorbeischaute, berichtete sie ganz stolz: „Annette, Deinen Spruch habe ich schon auswendig gelernt!“ Zum einen, welche Mühe musste ihr das gemacht haben, da ihr das Lesen so schwer fällt. Und zum anderen fiel mir da wieder ein, dass sie schon immer Texte auswendig gelernt hatte. Liedtexte, Gebete, treffend formulierte einzelne Sätze. Sie hatte sich ihr Leben lang einen riesigen Schatz im Kopf angelegt, um den ich sie echt beneide. Denn nun kann sie von diesem Schatz zehren. Sie kann Bilder und Texte aufrufen, aus denen sie sich Kraft und Trost holen kann. Und wer sie sieht, staunt nur, mit wie viel Geduld sie erträgt, wie ihr Körper immer schwächer wird, wie ihr immer mehr genommen wird, wie sie immer mehr Leben loslassen muss. Wie es im Korintherbrief (2 Kor 4,16) heißt: „Wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.“

Ich nehme mir vor, mir auch einen Schatz anzulegen und mein Gehirn nicht nur mit den Lateinvokabeln meines Sohnes und dem Frühlingslied meiner Tochter zu füttern, sondern auch mit Sätzen und Gedanken, die ich in schweren Zeiten aufrufen und von denen ich dann zehren kann. So ein bisschen wie Frederick die Maus…

(Annette)

‚“Ich arbeite doch“, sagte Frederick, „ich sammle Sonnenstrahlen für die kalten dunklen Wintertage.“
Außerdem sammelte er noch Farben und Wörter – und als der Winter da war, die Vorräte fast aufgegessen und es kalt und dunkel wurde, da kann Frederick erzählen… von den Sonnenstrahlen und den Farben…‘

(Leo Lionni, Frederick)

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Worauf es ankommt

Ich muss ehrlich zugeben: meine Schreiblust lässt in der letzten Zeit zu wünschen übrig. Die Gedanken reichen gerade noch für die Frage, was ich kochen soll und ob wir noch genügend Windeln da haben, nach Marits Magen-Darm-Virus am Wochenende. Meine Liebe zum Alltag hält sich in Grenzen und ich bin einfach nur froh, wenn ein Tag rum ist und ich auf der Couch die Tagesschau gucken kann. (Wobei das nicht wirklich erheiternd ist. Dann schon lieber ‚Prominent‘ auf VOX – aber da streikt mein Mann.)

Unser Zuhause sah aus wie Bombe am Montag. Ich lag am Wochenende auch flach und es ist erstaunlich was alles in zwei Tagen liegen bleiben kann. Und dabei gibt sich mein Mann ehrlich Mühe! Aber er empfindet vollgerotzte Taschentücher auf dem Tisch einfach als nicht so störend. Oder Windeln auf der Treppe, die eigentlich in den Windeleimer gehören.  Und als ich gestern trotz aller Verleugnungsversuche hinnehmen musste, dass es Montag war und dass ich den Laden mit einer kranken Marit auf dem Arm wieder alleine schmeißen muss, da habe ich mir das Wochenende herbeigewünscht wie schon lange nicht mehr.

Und wenn ich mich zwischen Hustenattacken und liegengebliebener Hausarbeit wiederfinde und kein Land in Sicht ist, dann frage ich mich schon des öfteren: warum in aller Welt hast du einen Blog, wo du über die ‚Heiligkeit des Alltags‘ schreibst? Und über eine Leidenschaft für das tägliche Einerlei?

Es fällt mir in diesen Tagen etwas schwer, darauf eine gute Antwort zu finden.

Aber eines weiß ich: mitten im Chaos, im hohen Wellengang kann ich auf dem Wasser gehen, wenn ich nur auf Jesus sehe. Das ist vielleicht sogar die wichtigste Botschaft meines Blogs. Ich schreibe das immer wieder, weil es meinen Alltag definiert. Alleine schaffe ich es nicht. Und am Ende wird mir nicht angerechnet werden, ob man bei mir vom Boden essen konnte oder ob meine Kinder immer schön ‚danke‘ sagten. Am Ende wird es darauf ankommen, ob in meinem Alltag Tür und Tor offen waren für Jesus.

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Von mir selber wegsehen

Die große Tochter hat sich heute morgen übergeben und liegt im Bett mit Schüttelfrost und Fieber. Die mittlere Tochter hat seit Tagen Krupp-Husten, schläft schlecht und jammert viel. Die jüngste brütet irgendeine Krankheit aus und übt sich ebenfalls im Jammern. Ich stehe mitten in diesem Chaos und spüre, wie meine Nerven von Minute zu Minute dünner werden. Viel hält mich nicht mehr davon ab, mich im Bad einzuschließen und mich weit weg zu wünschen. Der Ärger und die Frustration in mir werden zu einer Welle, die sich langsam auftürmt und jeden Moment über mich hereinbrechen kann.

Ich brauche kurz einen Moment. Ich muss mal kurz durchatmen und mich darauf besinnen, dass es in diesem Leben, in dieser Phase, in diesen Stunden und Minuten nicht um mich geht. Als Mama ist es meine erste und wichtigste Aufgabe, meinen Kindern zu dienen, sie zu lieben, sie gesund zu pflegen, wenn sie krank sind. Meine Kinder können nichts dafür, dass sie sich zur gleichen Zeit schlecht fühlen und meine Hilfe brauchen. Sie können sich oft noch nicht gut ausdrücken, also jammern sie. Es ist jetzt, in diesem Moment, meine gottgegebene Aufgabe von mir und meinen Bedürfnissen wegzusehen und für meine Familie da zu sein.

Mir fällt immer mehr auf: Mutter-sein ist vor allem ein Heiligungsprozess für mein eigenes Herz. Ständig bin ich herausgefordert, sündiges Verhalten ist immer nur einen Herzschlag entfernt – Worte, die im Ärger gesagt werden und nicht zurückgenommen werden können, Blicke, die verletzen, ein zu fester Handgriff. Jesus möchte mich in solchen Alltagsstürmen verändern, mich formen. Der Alltag als Mama ist wahrscheinlich die beste Schule, wenn es darum geht, Selbstlosigkeit zu erlernen.

So, noch einmal tief durchatmen.
‚Jesus, hilf mir jetzt meinen Kindern zu dienen. Gib mir die Kraft, für sie da zu sein und sie mit Liebe zu umsorgen. Schenk mir Geduld und Weisheit in der Erziehung. Und hilf mir von mir wegzusehen, hin zu dir und hin zu den mir Anvertrauten. Erfülle du mich mit deiner Gnade und lass sie fließen in meine Familie hinein. Amen.‘

‚Und alles, was ihr tut mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesus und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.‘ Kolosser 3,17

‚Christus soll immer wichtiger werden, und ich will immer mehr in den Hintergrund treten.‘ Johannes 3,30

 

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Don’t worry…

Hier schnell ein kurzer Gedanke, bevor das nächste Kind mich braucht für’s Fiebermessen, Nase putzen, Trinken holen oder Trösten. Was für Tage! 3 Kinder gleichzeitig krank mit ein und denselben fiesen Virus, das bringt mich gerade absolut an meine Grenze und darüber hinaus. Mindestens vier Hände bräuchte ich momentan, um jedem auch nur halbwegs gerecht zu werden….und dabei fühle ich mich selbst total ausgelaugt. Ein gute Zeit eigentlich, das auszuprobieren, was ich vor ein paar Tagen hier gepostet habe – dass man Momente, die sich anfühlen, wie ein ‚geben-geben-geben‘ mehr als ein ‚geben-empfangen-geben-empfangen‘ zu betrachten. Ein ‚Empfangen‘ war sicherlich das hingehauchte ‚Ich hab‘ dich lieb, Mama‘ kurz vorm Einschlafen. Doch das nur am Rande.

Es gab einige Momente in den letzten Tagen, wo ich guten Grund zur Sorge hatte. Als Marit 39.9 Fieber hatte (und das ist absoluter Rekord bei uns Hammonds – bei 38.5 ist normalerweise Schluss) und nur noch weinte und völlig kraftlos an mir hing. Oder als Lilian sich einen ganzen Tag lang weigerte zu gehen – weil ihr die Beine so weh taten und jedesmal, wenn wir sie hinstellen wollten, sackten ihr die Beine kraftlos weg. Oder als Joela blass und mit dunklen Augenringen auf der Couch lag und nicht auf mein Ansprechen reagierte. So viele Momente, wo mein Herz das Rasen anfängt und ich mir blitzschnell ein Horrorszenario ausmale und Angst bekomme.

Vor ein paar Wochen habe ich einen kurzen Artikel darüber gelesen, dass Mütter wahre Weltmeister im ’sich-Sorgen-machen‘ sind. Besonders in den ersten paar Lebenswochen des eigenen Kindes läuten bei jedem Verschlucken, jedem komischen Zucken, jeder zu langen Schlafenszeit gleich die Alarmglocken. Und ich mache die Erfahrung, dass die Sorgen mit der Zeit nicht kleiner werden. Im Gegenteil. Es gibt tagtäglich so viele Gründe, sich um seine Kinder zu sorgen…Und doch:

‚Halte nicht an diesem Kind fest, als würde es nur dir allein gehören. Öffne deine Hände, vertraue auf Gott, dass Er dieses kleine Leben bewahrt und beschützt.‘ (Rachel Jankovic)

Natürlich soll man seinem mütterlichen Instinkt vertrauen und ich sag mir immer, lieber einmal zuviel zum Arzt, als einmal zu wenig. Aber die Sorge…dieses Festklammern, die Angst, es könnte etwas Furchtbares passieren. Das muss ich loslassen und Gott vetrauen, der mein Kind geschaffen hat und es mehr liebt, als ich es jemals lieben könnte. Ich muss Seinem Plan vetrauen, den Er für mein Kind hat…da kann ich nicht früh genug anfangen zu üben.

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