Alltag

Sorge dich nicht!

‚Können all eure Sorgen euer Leben auch nur um einen einzigen Augenblick verlängern? Nein.‘ Matthäus 6,27

„Es ist nicht nur unrecht, sich zu sorgen, es ist auch untreu; denn wenn wir uns sorgen, heißt dies, dass wir nicht glauben, dass Gott für die praktischen Einzelheiten unseres Lebens sorgen kann.“ – Oswald Chambers

Ich sorge mich viel. Ich sorge mich wegen Kleinigkeiten und wirklich wichtigen Dingen. Ich sorge mich, ob Lilian ihr Stottern rechtzeitig zum Schulbeginn im Griff haben wird. Ich sorge mich, ob unser ruhiges Baby nicht doch plötzlich zum Schreibaby werden könnte. Ich sorge mich, wie ich den Alltag bewältigen soll, wenn mein Mann wieder arbeiten geht. Ich sorge mich, ob meine Milch für das Baby ausreicht. Die Sorgen beherrschen mein Denken – und in den allermeisten Fällen ist es mir gar nicht bewusst. Ich verwechsle ’sich Sorgen‘ mit ‚verantwortungsbewusst leben‘. Ich denke, wenn ich mich gedanklich ausreichend mit diesem oder jenem Problem beschäftige, dann habe ich es unter Kontrolle. Aber das stimmt nicht. Die Sorgen vergiften mein Herz, vernebeln mir meinen Verstand, halten Dankbarkeit und Vertrauen fern.

Jesus hat uns ganz deutlich gesagt, dass wir uns nicht sorgen sollen. Er hat es ernst gemeint. Es ist Sünde sich zu sorgen, weil ich damit zum Ausdruck bringe, meinem himmlischen Vater nicht zu vertrauen. Sorgen heißt: Ich nehme das lieber selber in die Hand. Sorgen heißt: Gott versteht nicht, was ich gerade durchmache. Sorgen heißt: Ich folge Jesus nicht mit ganzem Herzen nach. Ich hänge an irdischen Dingen. Ich kann nicht loslassen. Ich blicke zurück.

Diese Herzenshaltungen halten mich davon ab in Freiheit zu leben. In tiefem Vertrauen zu beten. Zu wissen: Gott macht es sehr gut. Weil ich Gott liebe, werden mir ALLE Dinge zum Besten dienen. (Römer 8,28) Die Sorge ist nichts anderes als eine hohe Mauer, die sich zwischen mir und die Liebe Gottes schiebt. Diese Mauer muss eingerissen werden.

‚Sorgt euch um nichts, sondern betet um alles. Sagt Gott, was ihr braucht, und dankt ihm. werdet Gottes Frieden erfahren, der größer ist, als unser menschlicher Verstand es je begreifen kann. Sein Friede wird eure Herzen und Gedanken im Glauben an Jesus Christus bewahren.‘ Philipper 4,6-7

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Beten

Ihr Lieben, ich muss ein Geständnis machen: beten fällt mir schwer. Nicht immer! Aber oft. Zum einen, weil ich mich manchmal frage, warum Gott meinen Input braucht, ob es ihn wirklich bewegt, ob ich mir nun wünsche, dass dieser Schnupfen oder jener Husten endlich verschwindet, ob er nicht genervt die Augen verdreht, wenn ich schon wieder mit diesem einen Gebetsanliegen ankomme, dass ich schon Jahre mit mir herumtrage. Zum anderen fehlt mir schlicht und ergreifend die Zeit zum Beten. Früh um 6 rede ich grundsätzlich mit niemanden und dann bin ich im Alltagsstress gefangen, bis ich abends halbtot auf die Couch falle und da ist mir dann auch nicht mehr zum Beten zumute.

Ich hatte schon Phasen in meinem Leben, da habe ich ständig gebetet. Klar hat da die Tatsache geholfen, dass ich meinen Tagesablauf relativ frei einteilen konnte. Und es lässt sich, glaube ich, leichter beten wenn man keine Einkaufslisten für 5 Personen erstellen und sich nicht um monumentale Wäscheberge kümmern muss. Kurzum: Mama-sein und Beten lässt sich nicht so leicht vereinbaren. Oder?

Es lässt mir aber keine Ruhe. Ich will mehr beten. Ich will mehr in Kontakt mit meinem himmlischen Vater sein. Ich will ganz nah dran sein an seinem Herzschlag, ich will den ganzen Tag eng mit ihm verbunden sein – und das erreicht man nunmal durch Gebet!

Mein Mann und ich lieben gute Gespräche. Wo man in die Tiefe geht und nicht an der Oberfläche hängen bleibt. Am Anfang unserer Ehe hatten wir solche Gespräche gefühlte 100 Mal in der Woche – heute ist es ein Highlight wenn wir es einmal im Monat schaffen, so ein Gespräch zu führen. Vergangenes Wochenende konnten wir alleine verbringen, weil Oma und Opa auf die Kinder aufgepasst haben. Wir hatten so viele, herrliche, ungezwungene, tiefgehende, ungestörte Gespräche! Pures Glücksgefühl. Wir sind in den zwei Tagen wieder viel näher aneinander gerückt, wissen jetzt wieder, dass wir die richtige Person geheiratet haben. =) Das tut so gut.

Und das wünsche ich mir mit Gott. Dass ich wieder in diese Vertrautheit hineinkomme, die ich schon oft in meiner Beziehung zu ihm gespürt habe. Dass es mir wieder klar wird, dass Gott tatsächlich wissen will, was in meinem Alltag abgeht. Dass er hören will, wie’s mir geht. Und dass er sich nach Gemeinschaft mit mir sehnt. Das ist völlig unfassbar und irgendwie überwältigend – aber sein Wort sagt es deutlich: Gott will Zeit mit mir verbringen. Er wird eifersüchtig, wenn ich ihm keine Zeit schenke! Er liebt mich so sehr, dass er es kaum erwarten kann, dass ich zu ihm komme und ihn anbete und ihm mein Herz ausschütte und leise werde, so dass er mit mir reden kann.

Als ich neulich wieder völlig frustriert erkannt habe, dass das mit dem Beten nicht so klappt, wie es sollte, habe ich Gott abends gefragt, ob er mir irgendeinen Zuspruch geben kann, dass ich wieder neuen Mut bekomme für’s Beten. In meinem Andachtsbuch waren zwei Bibelstellen angegeben und in jedem Vers fand ich diesen Satz:

‚Hört nicht auf zu beten…‘  Kolosser 4, 2 und 1. Thessalonicher 5, 17

Seit diesem Moment versuche ich ständig, immer, überall Gott in meinen Gedanken zu haben. Nicht auf diesen einen magischen Moment zu warten, wo keiner was von mir will und ich endlich Zeit habe, mit Gott zu reden. Ich versuche ihm alles sofort mitzuteilen. Meinen Frust und meine Freude. Ihm voller Staunen danke zu sagen für den Rauhreif und den Sonnenschein und wie herrlich alles glitzert so früh am Morgen. Ihm mein Kind anzubefehlen, wenn es sich noch im halbdunkel auf den Schulweg macht. Ihm meine Sorge mitzuteilen, die mich überkommt, wenn ich mich frage, wie ich 4 Kinder unter einen Hut bringen soll. In ihm zu ruhen, wenn die Nachmittagssonne durchs Wohnzimmerfenster fällt und es gerade mal ruhig ist im Haus und ich seine Gegenwart genießen kann. Diese Art von Beten überfordert mich nicht. Sie lässt sich wunderbar in meinen Alltag integrieren. Interessanterweise habe ich festgestellt, dass aus dieser ständigen Verbundenheit mit Gott der Wunsch entsteht noch mehr Zeit mit ihm zu verbringen und dann entstehen plötzlich herrliche, persönliche Zeiten zwischen ihm und mir. Ganz ungezwungen. Ganz ehrlich.
Und damit will ich nicht aufhören.

 

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Heiliger Alltag

Gerade habe ich mir dieses Lied beim Wäsche falten angehört. Es ist zur Zeit eines meiner Lieblingslieder…Und plötzlich habe ich Gottes Gegenwart ganz deutlich gespürt. Und die banale Tätigkeit des Wäschefaltens wurde plötzlich Teil eines Gottesdienstes…mein Herz öffnete sich für Jesus und ich begriff wieder ein kleines Stückchen mehr, was es bedeutet, Anbetung als Lebensstil zu haben! Immer und überall ein anbetendes Herz zu haben, offen zu sein für die Gegenwart unseres großen Gottes, bereit zu sein Ihm Ehre zu geben, egal womit ich gerade beschäftigt bin. Die Frau, die in dem Video singt hat selbst drei Kinder und ich habe in einem Interview einmal gehört, wie sie davon erzählte, dass sie so eine Art ‚Anbetungsknopf‘ hatte, den sie drückte, wenn sie auf die Bühne ging und die Gemeinde in die Anbetung führte. Zuhause aber, beim Windeln wechseln und kochen, da war sie ’nur‘ Mama, festgefahren in den alltäglichen Abläufen. Bis sie verstand, dass dieser ‚Anbetungsknopf‘ immer gedrückt sein muss – egal, was sie tut. Was für eine Herausforderung! Ich wünsche mir, eine Frau zu sein, die immer anbetet!

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Hier und Jetzt

Oh Mann….mir rinnt die Zeit nur so durch die Finger. Es gibt seit kurzem Tage, da schalte ich den Computer noch nicht mal an. Dementsprechend gibt es auch weniger Alltagsliebebeiträge…obwohl mir so viele Ideen und Gedanken durch den Kopf schwirren. Na ja, vielleicht ist das alles nur ein Vorgeschmack darauf, wie wenig ich zum Schreiben kommen werde, wenn mal Baby Nr. 4 bei uns ist. =)
Einen Gedanken möchte ich aber hiermit mit euch teilen…und zwar trage ich ihn seit unserem letzten Hauskreis mit mir herum. Wir hatten einen genialen Austausch darüber, was Gott gerade in unserem Leben tut. Wie er an uns arbeitet. Ich persönlich stelle mich (mal wieder) der Herausforderung, zufrieden zu sein mit meiner Lebenssituation und meine Träume und meine Lebensvorstellungen an Gott abzugeben. Eine Freundin hatte dann folgenden Gedanken: ‚Es geht ja vor allem darum, im hier und jetzt zu leben. Jesus heute nachzufolgen.‘ Es geht darum, heute die Bibel zu lesen. Mich heute in Geduld zu üben. Nicht alles auf morgen oder übermorgen zu verschieben und zu hoffen, dass die geistlichen Disziplinen mir rgendwann nur so zufliegen werden. Wenn ich mich auf das ‚Heute‘ konzentriere, ist es auch einfacher zufrieden zu sein. Wenn ich ständig an die Zukunft denke, was ich gerne noch hätte, was ich noch erreichen möchte, dann erscheint einem die Gegenwart allzu schnell langweilig und öde. In unseren Vorstellungen und Träumen sind wir vielleicht schon der Mensch, der wir gerne sein würden…aber in der Realität rauschen wir an unseren (und an Gottes) Zielen vorbei. Ich z.B. wünsche mir oft nichts sehnlicher als endlich mit meinem Mann im vollzeitigen Dienst zu stehen. Das war unser gemeinsamer Traum von Anfang an. Und dann stelle ich mir vor, wie friedfertig und liebenswürdig und offen und geduldig ich sein werde! Wenn ich von meinen Tagträumen erwache, sehe ich mich mit grimmiger Miene den Milchreis umrühren, während ich versuche ungeduldig ein Kind von meinem Bein abzuschütteln und einem anderen Kind genervt zurufe, dass es gefälligst warten soll, bis ich Zeit habe… Gott hat noch viel, sehr viel an mir zu arbeiten…und der ‚vollzeiten Dienst‘, den ich gerade inne habe, fordert mich wahrhaftig mehr als genug heraus. Für das ‚Heute‘ brauche ich Seine Gnade! Heute muss ich mich verändern lassen!

Lasst uns also heute damit anfangen, Jesus mehr in unseren Alltag einzubeziehen. Lasst uns heute offen sein für das sanfte Wirken des Heiligen Geistes. Lasst uns heute wegsehen von uns und hinsehen zu den großen und kleinen Menschen um uns herum…

‚Heute wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht…‘ Hebräer 3,7

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Leidenschaft für den Alltag

Gestern hatte ich eine stinkige Einstellung. Als ich frühs noch im Bett lag, hatte ich schon keine Lust aufzustehen. Ich bin in Gedanken den Tag durchgegangen und hab mich weit, weit weg gewünscht. Bis zum Nachmittag war ich  launisch, schlecht drauf und mein Herz war einfach nicht am richtigen Fleck. Und dann – als ich nachmittags mißmutig mein Andachtsbuch in die Hand nahm und den Text für den gestrigen Tag las, da spürte ich richtig, wie Jesus mein Herz wieder gerade rückte. Mit einem Mal war die Last weg, die ich den ganzen Tag verspürte, der unangenehme Druck, es war, als würde sich meine ganze Sichtweise verschieben und mit einem Mal war alles wieder glasklar. Jesus hat in dem Moment meinem täglichen Tun wieder einen Sinn gegeben. Er hat mich plötzlich wieder mit Leidenschaft für den Alltag erfüllt. Folgendes habe ich gelesen:

‚Herrliche Sonnenuntergänge und klare Sternennächte, majestätische Berge und strahlende Meere, duftende Felder und frisch gepflückte Blumen sind nicht einmal halb so schön wie eine Seele, die Jesus voller Liebe dient – inmitten des Auf und Abs eines normalen, unspektakulären Alltags.‘
F. W. Faber

Unser Alltag ist nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von sich ständig wiederholenden Aufgaben. Jeder Tag ist eine Möglichkeit Jesus treu zu dienen.

Jesus, schenke mir heute Leidenschaft für meinen Alltag. Lass mich heute ein Licht sein für andere, hilf mir meine Aufgaben mit einem frohen Herzen zu erledigen. Danke, dass dich mein Leben interessiert, dass ich dir nicht langweilig werde. Ich wünsche mir so sehr, dass ich dir ähnlicher werden kann. Verändere mich heute zu dir hin…berühre mein Herz mit deiner Liebe…und lass diese Liebe überfließen zu meinem Ehemann, zu meinen Kindern, meinen Nachbarn, der Verkäuferin beim Bäcker, dem Busfahrer, den Erzieherinnen im Kindergarten. Ich erbitte deinen Segen für den heutigen Tag. In deinem Namen, Jesus! Amen.

Fotos: Inka

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Kastaniensegen

Wir waren gestern Kastanien sammeln. Normalerweise sind wir damit immer zu spät dran und finden nur ein paar kümmerliche Reste. Gestern allerdings sind wir einem Geheimtipp gefolgt und fanden uns im Kastanienparadies wieder. Soviele Kastanien auf einem Haufen hatte ich noch nie gesehen! Man wusste gar nicht, wo man anfangen sollte zum Sammeln! Es war herrlich und wir haben locker eine große Plastiktüte voll gekriegt.

Ich wünsche mir für heute, dass ich den Segen Gottes auch ‚einfach so‘ aufsammeln kann. In der Alltagshektik vergesse ich es oft, dass Gott mir für den heutigen Tag Segen verheißen hat. Heute will ich ein Segenssucher sein! Und mich davon überraschen lassen, wieviel Gott für mich vorbereitet hat.

‚Der Herr denkt an uns und segnet uns.‘
Psalm 115, 12

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Segenswunsch für die Mutter

Mögen die kleinen Schuhe in der Garderobe dich daran erinnern, dass deine Kinder irgendwann weggehen und bis dahin ist es deine Aufgabe, ihnen den Weg zu lehren, auf dem sie gehen sollen.

Mögen die Nudelreste unter dem Tisch dich darauf aufmerksam machen, dass du deinen Kindern nicht nur irdisches Essen zubereiten sollst. Füttere ihre Seelen mit dem Brot des Lebens.

Die nicht endenden täglichen Aufgaben sollen dich nicht ermüden, sondern anspornen jeden Tag für Jesus dein Bestes zu geben und im Kleinen treu zu sein.

Mögen die Streitgespräche mit deinen Kindern, die zugeknallten Türen, die lieblosen Worte  dich dazu ermutigen Vergebung zu lehren und zu leben.

Wenn du müde bist und denkst du kannst nichts mehr geben – dann denke an deinen Erlöser, der alles gab.

Höre nicht auf, im alltäglichen Einerlei den Segen Gottes zu suchen.  In Gottes Reich ist das Kostbarste oft leicht zu übersehen.

Bleibe im Zwiegespräch mit deinem Schöpfer. Er ist bei dir – beim Spülen, Wäsche falten und Aufräumen. Lass keinen Augenblick verstreichen, ohne mit Gott in Verbindung zu sein.

Und der Gott des Friedens, der allen Verstand übersteigt, segne dich heute und lasse dein Leben überfließen mit Dankbarkeit.

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Nach dem Urlaub

Wieder Zuhause. Überall stehen die Koffer herum, die halbausgepackten Rucksäcke und die dreckige Wäsche in der großen Plastiktüte warten darauf aussortiert zu werden. Es war eine lange Heimfahrt gestern  – einmal quer durch Deutschland, vom hohen Norden bis in den Süden Bayerns.

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Eine Woche waren wir an der Nordseeküste und wie jedesmal fällt es mir unendlich schwer wieder heim zu kommen, dem Alltag wieder gegenüber zu stehen, den vollen Terminkalender zu studieren. Ich vermisse die salzige Luft und den frischen Nordseewind. An der Nordsee zu sein bedeutet für mich Freiheit, die rauhe Natur berührt mich auf einzigartige Weise, dort fühle ich mich immer zu Hause. Die Dünen, der bleigraue Himmel, immer wieder von klaren Sonnenstrahlen durchbrochen, die Strandkörbe wie bunt zusammengewürfelte Häuschen auf weißem Sand. Es gibt für mich nichts beruhigenderes, als auf dem Deich zu stehen und mich durchpusten zu lassen vom Wind und das Salz auf meiner Haut zu spüren. Auf den Weiden stehen Schafe, Kühe und Pferde, am Himmel fliegen Vogelschwärme und die Möwen krächzen die Hintergrundmusik. Es ist ein perfektes Zusammenspiel. Es könnte nicht besser sein. Für mich ist das immer auch ein Vorgeschmack auf den Himmel.

Und jetzt bin ich wieder zu Hause, die Rucksäcke und Koffer räumen sich nicht von alleine aus. Mit Wehmut werde ich die letzten Sandkörner aus der Kleidung klopfen. Der Alltag bäumt sich auf und ich weiß, da muss ich jetzt wieder ran. Augen zu und durch. Ich gehe in Gedanken all die Projekte durch, all die Aufgaben, die anstehen und möchte am liebsten wieder kehrt machen. Zurück an den Deich. Zurück an die rauhe See. Zurück zu dem ‚Ich-hab-Urlaub-Gefühl‘.

Ich träume davon ein kleines Häuschen an der Küste zu haben, mit kleinem Obstgarten. Alte knorrige Bäume, die sich im Wind wiegen und treu jeden Herbst Äpfel und Pflaumen hervorbringen. Ich träume davon einen Platz in diesem Haus zu haben, direkt am Fenster wo ich hinaussehen kann auf diesen Garten und dahinter der immergrüne Deich. Ich träume davon, da zu sitzen und zu schreiben. Vielleicht einen Roman? Keiner stört mich. Die beigen Gardinen wehen sanft hin und her. Wenn ich genug geschrieben habe, dann  gehe auf einen kurzen Spaziergang am Strand. Beobachte die Reiter, wie sie mit ihren Pferden durch die Gischt galoppieren.

Der Traum zerplatzt wie eine Seifenblase, ich höre die Kinder, aus dem Augenwinkel sehe ich – das Kofferchaos. Ja, ja, ich weiß, es räumt sich nicht von alleine auf.

Manchmal denke ich über die Wohnung nach, die Jesus für mich im Himmel vorbereitet. Ich glaube, die Wohnung wird am Meer liegen. Umgeben von knorrigen Obstbäumen. Und die Früchte werden süß und saftig sein.

Foto: Inka

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Unerwarteter Flow

(von Annette)

Es gibt so Zeiten, da ist mein Kopf so voll mit Gedanken, aber ich bringe sie nicht zu Papier. Egal ob ich muss (Artikel schreiben) oder darf (Tagebuch). Und irgendwie komme ich da nicht zu Potte. In den letzten Tagen habe ich eine unerwartete Entdeckung gemacht. Eine Freundin von mir lehrt an der Uni – vorzugsweise gibt sie Zeichenkurse für angehende Lehrer im Botanischen Garten. Ich darf, wenn ich kann, dazukommen. Dieses Semester wäre der Kurstermin eigentlich günstig, aber nun liegen auf dem Vormittag regelmäßig unverschiebbare Arzt- oder Therapietermine mit meiner jüngsten Tochter. Um mich vor dem Frust zu bewahren, zeigte mit meine Freundin eine Technik für zwischendurch: Blind zeichnen. Einfach ein Blatt Papier nehmen, ein Objekt drapieren, z.B. eine schöne Blüte (die gab sie mir auch gleich mit), loszeichen. Und zwar: Immer mit dem Blick auf dem Objekt, nicht auf dem Papier. Als Perfektionist, der die vollkommene Zeichnung sucht, konnte ich mir das nicht vorstellen, aber ich probierte es aus. Und ich entdeckte: Es funktioniert tatsächlich und das Ergebnis ist gar nicht so furchtbar. Außerdem: Ich staunte, welche Formen ich auf einmal wahrnahm. Mein Objekt war eine getrocknete Blüte, und mit jedem Zeichenversuch wurde sie schöner und wunderbarer. Ich konnte mich überhaupt nicht sattsehen. Und das Überraschende: Während ich so ohne große Erwartung vor mich hinzeichnete mit dem Ziel, einfach nur das Auge und das Sehen zu schulen, hatte ich auf einmal unheimlich viele kreative Ideen. Für meinen fälligen Artikel, für kleine Texte, für meine Kinder, für Geschenkideen, für alles Mögliche. Als ich das Kreative nicht suchte, kam es zu mir. Und das Schreiben funktioniert nun auch wieder…

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Die unsichtbare Mutter

Es machte plötzlich alles Sinn: die leeren Blicke, die ausbleibende Reaktion, die Art und Weise, wie eines meiner Kinder in das Zimmer kommt, während ich telefoniere und mich fragt, ob ich es zum einkaufen fahren kann. Ich denke bei mir: ‚Kannst du nicht sehen, dass ich gerade telefoniere?‘

Offensichtlich nicht; keiner sieht, dass ich gerade am Telefon bin oder backe oder den Boden wische, selbst wenn ich kopfüber in einer Ecke stehen würde, würde das keiner bemerken. Ich bin unsichtbar. Die unsichtbare Mutter. Manchmal bestehe ich nur aus zwei Händen und nichts weiter. Kannst du das reparieren? Kannst du mir die Schuhe binden? Kannst du das aufmachen?

Manchmal bestehe ich nicht aus Händen, dann bin ich noch nicht einmal ein menschliches Wesen. Ich bin eine Uhr, die man nach der Zeit fragt, eine Fernbedienung, die weiß, wo der Kinderkanal zu finden ist, ich ein bin Auto, das man um punkt halb 6 zum Abholen bestellen kann.

Manchmal bin ich eine Kristallkugel: ‚Wo ist mein zweiter Socken?‘, ‚Wo ist mein Handy?‘, ‚Was gibt es zum Abendessen?‘

Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Hände einmal Bücher hielten und die Augen Geschichte, Musik und Literatur studierten – aber jetzt sind sie verschwunden, aufgelöst im Pausenbrotaufstrich, auf Nimmerwiedersehen.

Eines abends war ich mit einer Gruppe von Freunden zusammen. Wir haben gemeinsam gegessen und die Rückkehr einer Freundin aus England gefeiert. Sie war gerade angekommen und konnte gar nicht aufhören über diese fantastische Reise zu reden und das tolle Hotel. Ich saß da und schaute verstohlen meine Freundinnen an, die alle so gut aussahen. Es fiel mir schwer, mich nicht mit ihnen zu vergleichen und Selbstmitleid kam in mir auf. Ich fühlte mich ziemlich jämmerlich, als ich ein wunderschön verpacktes Geschenk bekam und meine Freundin sagte: ‚Ich hab das für dich mitgebracht.‘ Es war ein Buch über Kathedralen in Europa. Ich war mich nicht ganz sicher, warum sie ausgerechnet dieses Buch ausgesucht hatte, bis ich ihre Widmung las: ‚Mit großer Bewunderung für das Großartige, das du baust, auch wenn keiner hinsieht.‘

In den kommenden Tagen habe ich das Buch gelesen – nein, regelrecht verschlungen. Und ich habe für mich vier lebensverändernde Wahrheiten entdeckt, die meine tagtäglichen Aufgaben neu definieren:

1.) Keiner weiß, wer genau diese großartigen Kathedralen gebaut hat – es existiert kein Namensverzeichnis.

2.) Diese Baumeister gaben ihr Leben für ein Projekt, das sie nicht zu Ende bringen konnten.

3.) Sie brachten große Opfer und erwarteten keine Anerkennung.

4.) Die Leidenschaft für den Bau wurde angetrieben von ihrem Glauben, dass Gott alles sieht.

Eine Legende, die in diesem Buch aufgeschrieben ist, erzählt von einem Mann, der eine Kathedrale besuchte, als sie noch gebaut wurde. Er sah einen Arbeiter, der einen kleinen Vogel aus einem Holzbalken herausschnitzte. Der Mann war überrascht und fragte den Arbeiter: ‚Warum verschwendest du so viel Zeit einen so kleinen Vogel aus dem Holz zu schnitzen, wenn doch das Dach darauf gebaut wird und keiner ihn je sehen wird?‘ Der Mann erwiderte: ‚Aber Gott sieht ihn.‘

Ich schlug das Buch zu und plötzlich machte alles Sinn. Es war fast so, als würde Gott mir zuflüstern: ‚Ich sehe dich. Ich sehe die Opfer, die du jeden Tag bringst, auch wenn um dich herum es keiner wahrnimmt. Keine gute Tat, kein Stück Stoff, mit dem du genäht hast, kein selbstgebackener Kuchen, kein Elternabend, kein in letzter Minute erledigtes Projekt ist zu klein, dass ich es nicht bemerke und mich darüber freue. Du baust eine prächtige Kathedrale, aber du kannst noch nicht sehen, wie sie am Ende aussehen wird.‘

Es hilft mir, meinen Alltag von einer anderen Perspektive zu betrachten, wenn ich mich selber wie einen Baumeister sehe. Einer jener Leute, die treu ihre Arbeit beginnen und doch wissen, sie können es nicht zu Ende bringen, die an etwas arbeiten, das ihren Namen nicht tragen wird. Der Autor des Buches über die Kathedralen in Europa ging so weit zu sagen, dass in unserer heutigen Zeit keine derartigen Bauten mehr errichtet werden können – weil es an Leuten fehlt, die bereit wären soviel zu opfern.

Und wenn ich wirklich darüber nachdenke, dann möchte ich nicht, dass meine Kinder ihren Freunden erzählen, wie hart ihre Mutter zum Beispiel an Weihnachten arbeitet. Dass ich um 4 Uhr früh aufstehe und anfange zu backen und zu kochen und das Tischtuch zu bügeln. Dann würde ich mir selbst ein Monument bauen wollen. Ich möchte einfach, dass meine Kinder gerne nach Hause kommen und dass sie ihre Freunde mitbringen und ihnen sagen können: ‚Du wirst dich bei uns wohl fühlen.‘

Wir Mütter bauen großartige Kathedralen. Wenn wir es richtig machen, bleiben wir selbst im Hintergrund. Und eines Tages besteht tatsächlich die Möglichkeit, dass die Welt über das staunt, was wir gebaut haben und über die Schönheit, die der Welt zuteil wurde, durch die Opferbereitschaft von unsichtbaren Müttern. (von Jenny Williams)

 

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